Schweizer Energieversorgungsunternehmen
Die Schweizer Energieversorgungsunternehmen (EVU) sind unzufrieden. Investieren möchten sie nämlich dort, wo Investitionssicherheit gegeben und wo der Widerstand aus der Gesellschaft gering ist. Doch daran ist zurzeit nicht zu denken. Aufgrund der weiter steigenden Marktliberalisierung stehen sie zusätzlich unter Druck, ihre betrieblichen Abläufe und Kostenstrukturen zu optimieren. Das zeigt die zweite Standortbestimmung zur Schweizer Stromwirtschaft, welche die Boston Consulting Group und der VSE erstellt und publiziert haben. Nach der Botschaft zur Energiestrategie 2050 planen viele Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU), ihre Produktion mit erneuerbaren Energien weiter auszubauen. Dabei setzen sie auf die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV), weil sie eine Wirtschaftlichkeitsgarantie für entsprechende Projekte darstellt. Die momentane Auslegung der KEV, kritisieren der VSE in seiner Studie, verhindere aber, dass vorhandene Mittel in die effizienteste Form der Energieerzeugung investiert werden. Zurzeit würden vielmehr jene Projekte priorisiert, die am wenigsten öffentlichen Widerstand erfahren. Insbesondere kleinere Photovoltaikanlagen würden in grosser Zahl realisiert, während Investitionen in Wind- und Wasserkraft eher vernachlässigt beziehungsweise im Ausland realisiert würden. Als Grund dafür wird der Widerstand aus der Bevölkerung angeführt, der vielfach zu Blockaden führt. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Projektrealisierung um rund 50% erhöhen lässt, wenn die Unternehmen frühzeitig aktiv auf die lokalen Interessengruppen zugehen.
Wettbewerb wird steigenNach der Teilliberalisierung des Strommarktes 2009 wechselten nur wenige Grosskunden ihren Stromanbieter. Dies habe sich letztes Jahr, als ein Wechsel in den freien Markt für Grosskunden wegen den tiefen Energiepreisen interessant wurde, merklich geändert. Deshalb rechnen 86 % der EVU mit einer drastischen Verstärkung des Wettbewerbs. Gemäss Studie erwarten die meisten Unternehmen, dass sich der Wettbewerb weiter verschärfen wird, und sehen sich deshalb gezwungen, ihre betrieblichen Abläufe und Kosten weiter zu optimieren. 63% planen Kostensparmassnahmen, 66% wollen durch Kooperationen innerhalb ihrer Wertschöpfungsstufe einzelne Funktionen industrialisieren. Die Mehrheit - exakt 88% - der Studienteilnehmer sind bereits im Bereich Energieeffizienz aktiv oder haben die Absicht, entsprechende Aktivitäten aufzunehmen. Als Hauptgründe wurden Kundenbindung und Imagepflege genannt. Nur eine Minderheit der EVU sieht im Thema Energieeffizienz ein eigentliches Geschäft. Meist fehlen hierfür die Geschäftsmodelle. Am erfolgversprechendsten werden dabei Geschäftsmodelle mit grösserer Wertschöpfungstiefe (wie z.B. Energiecontracting) angesehen. Aktuelle Anreize führen in die Irre
Wie rentabel diese neuen Aktivitäten sein können, steht in den Sternen. Die Unsicherheit wird stark von der politischen Entwicklung geprägt. Doch diesbezüglich hadern viele Unternehmen mit Bern. Der Schweiz drohten, hält die Studie kritisch fest, bei der Umsetzung der Energiestrategie 2050 eine Verstärkung der Effekte, wie sie schon aus Deutschland bekannt seien. Politische Zielsetzungen, gesellschaftliche Erwartungen und wirtschaftliche Anreize seien derzeit nicht abgestimmt und führten zu einer Schweizer Stromwirtschaft zwischen Abwarten und Aktivismus sowie zu einer schlechten Allokation der vorhandenen Ressourcen. Daraus leitet der VSE folgende Forderungen ab: • Die Förderung der erneuerbaren Energien ist konsequent auf eine rasche Marktintegration auszurichten. Die KEV muss grundlegende reformiert werden. Gleichzeitig muss die Politik die Akzeptanz für die Realisierung von erneuerbaren Projekten steigern. Im Zusammenhang mit dem Ausbau der erneuerbaren Energie wird auch der grenzüberschreitende Handel ein wichtiger Pfeiler der Energiestrategie 2050. Ein baldiger Abschluss des Energieabkommens ist für die Schweizer Energieversorger daher von grosser Bedeutung. • Die Förderung der Gesamtenergieeffizienz ist prioritär. Bestens eingeführte und bewährte Instrumente sind systematisch auszubauen. Ein Zwangssparen, welches die Verantwortlichkeiten verdreht, lehnt der VSE ab. Die Politik wird aufgefordert, eine Gesamtbetrachtung zu behalten und nicht einer Planwirtschaft gleich akribisch jedes Detail zu regeln. Klare Rahmenbedingungen für Marktlösungen müssen das Ziel sein, nur so können die dringend benötigten Preissignale ihre Wirkung entfalten. Für EVU resultieren aus der Studie drei Handlungsempfehlungen: 2) Beim Zubau von erneuerbaren Energien seien die (lokalen) Interessengruppen frühzeitig in die Planung mit einzubeziehen, um die Realisierungswahrscheinlichkeit zu erhöhen. 3) Energieeffizienz-Geschäftsmodelle mit grösserer Wertschöpfungstiefe seien zu prüfen und entsprechende Kompetenzen und Fähigkeiten aufzubauen.
05.10.2013 | Autor
Jörg Naumann
-> Drucken
|
MEHR ZU DIESEM THEMA
TOP ARTIKEL
TOP AKTUELLsoeben aufgeschaltet
MEIST GELESEN
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|