Interbrand Ranking: Die besten 100 Brands
Die neue Liste der global führenden Brands weist ein hohes Übergewicht US-amerikanischer Unternehmen aus. China ist gerade mal mit zwei Newcomern am Schluss des Rankings vertreten, Firmen aus anderen Ländern führen eher ein Mauerblümchen-Dasein. Einzelne Unternehmen heben geradezu ab. Ob solche Bewertungen und Vergleiche als bare Münze oder als Verkaufsargument für ein möglichst aktives Brand-Management zu verstehen sind, muss jeder Leser selbst entscheiden. Wir leben im Zeitalter der Brands. Bewusst oder unbewusst lassen wir uns unsere Kaufentscheidungen von Logos und Namen beeinflussen, die sich bei uns – über Medien, Gespräche oder Erlebnisse – als besonders vertrauensvoll, begehrenswert oder anderweitig attraktiv im Hinterkopf festgesetzt haben. Interbrand, eine weltweit aktive Beratungsagentur, hat sich nicht nur darauf spezialisiert, dem Management von Unternehmen zu zeigen, was es tun sollte, um den Wert seines Brands zu steigern. Es bewertet parallel dazu weltweit Brands nach einem aufwendigen, aber klar strukturierten Procedere und publiziert jährlich eine ganze Reihe von Listen mit den jeweils wertvollsten Brands – global, national oder branchenspezifisch. Vom Ranking zur BeratungAn Selbstbewusstsein mangelt es dem Interbrand Management nicht, wenn es behauptet, seit der Firmengründung 1974 viel dazu beigetragen zu haben, dass sich das Wort Brand von einem Alternativausdruck für Logo zu einem umfassenden Begriff für den Gesamtwert einer Marke gewandelt hat. Als Meilenstein in diesem Prozess ist das jährliche Ranking zu verstehen, das mit der Veröffentlichung jedem CEO den Schweiss auf die Stirne treibt, wenn er seine Marke nicht so platziert findet wie gewünscht. Glaubwürdiger EindruckUnd der Beobachter? Auch er dürfte sich von den Jahr für Jahr publizierten Rankings beeindrucken lassen, und das durchaus nachhaltig, wenn er die Bewertungen der Bands pro Jahr vergleicht oder über Ranggewinne und –verluste im Vergleich zum Vorjahr räsoniert. Entscheidend dabei ist, um welche Marke es geht bzw. wie diese im eigenen Kopf positioniert ist. Eigenen Lieblingsbrands gönnen wir nicht nur den Aufstieg in die Spitzengruppe, wir erwarten und fordern ihn in Gedanken sogar, schliesslich wollen wir unsere eigene Bewertung ja bestätigt sehen. Doch stopp – bei Abstürzen und Rangverlusten ist es nicht anders. Denn oft können wir nicht nur den Trend der Veränderung, sondern sogar dessen Logik und Begründung nachvollziehen. Die Betrachtung auf der Zeitachse hinterlässt durchaus einen glaubwürdigen Eindruck. Absolute Bewertung weckt ZweifelOb dies auch dann der Fall ist, wenn es um die Grössenordnung geht, mit der sich die Bewertung eines Brands im Vergleich zum Vorjahr (und über längere Zeit) verändert haben soll oder auch nur um dessen z.T. gigantische Grösse, muss jeder selbst entscheiden. Apple zum Beispiel, die Nr. 1, übertrifft mit einer Bewertung von über 170 Mrd. $ den Vorjahreswert um 43%. Die Börsenkapitalisierung ist von 2013 auf 2014 von 500 Mrd. $ auf 643 Mrd. $ explodiert, würde also einen Grossteil der Brandbewertung erklären. Dennoch steht dieser einzelne Brand für knapp 10 % des Gesamtwerts aller 100 grössten Brands. Google, die Nr. 2, wird zwar ebenfalls um 12 Prozent höher bewertet, erreicht damit aber „nur“ 70% der Apple-Bewertung. Abstrus wird ein Vergleich, wenn man den Gesamtwert der 50 wertvollsten Schweizer Brands aus der 2015er-Liste gegenüberstellt. Dieser beläuft sich auf 103,2 Mrd. Fr. bzw. 110 Mrd. $ (bei einem Mittelkurs von 0.95 CHF/$). Der Brand Apple übersteigt somit den Gesamtwert dieser 50 Marken um über die Hälfte. Die Vergleiche liessen sich fortsetzen. Sie zeigen, dass die Bewertungen sicher „mit Vorsicht zu geniessen“ sind und hinterlassen zumindewst die Frage, was die Werte nun wirklich wert sind... US-Firmen dominieren das RankingDas Verfahren, mit dem die Brands bewertet werden, ist kein Geheimnis, es wird offen dargelegt (s. letzte Grafik). Wer sich allerdings damit beschäftigt, weiss, dass es zahlreiche andere Methoden zur Bewertung nicht materieller Werte von Unternehmen gibt, die u.U. zu ganz anderen Ergebnissen kämen. Schon ein Blick auf die Liste der 100 global führenden Brands macht stutzig. Ist es realistisch, dass über die Hälfte davon, nämlich 53 mit einem Wert von 67 % des Gesamtwertes aller 100 aufgelisteten Bewertungen, in den USA beheimatet sein müssen und ob der Brand von Apple allein höher zu bewerten ist als alle 10 in dieser Kategorie führenden deutschen Unternehmen zusammen? China rückt aufNehmen wir die Resultate für bare Münze, würde es alle Zweifel, wie lange die US-Wirtschaft noch die mit Abstand führende Volkswirtschaft der Welt sein wird, für lange Zeit vom Tisch wischen. Andere europäische und aussereuropäische Unternehmen sind kaum mehr als eine Randerscheinung. Und wenn es gerade mal zwei chinesischen Unternehmen gelingt, sich mit zwei Neueintritten auf der Liste zu platzieren, so lässt sich das als Demonstration des amerikanischen Vorsprungs verstehen – oder auch als durchsichtiges Manöver, die eigene vermeintliche Position zu demonstrieren. Doch aller Kritik zum Trotz sorgt die Analyse für Gesprächsstoff, und das Ranking sorgt für Spannung. Wie viele Manager ratlos zurückbleiben und gern Hilfe auf dem Weg zur eigenen Brand-Optimierung in Anspruch nehmen würden, weiss niemand. Wo diese den entsprechenden Sachverstand finden können, haben sie mit dem Blick ins Ranking zum Glück erfahren.
07.10.2015 | Autor
Jörg Naumann
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