Der "Grexit" rückt näher

Noch mehr Druck für Schweizer Exporteure?

Die Verhandlungen zur Rettung Griechenlands sind gescheitert, der weitere Weg ist jedoch noch völlig offen. Eine Staatspleite und das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro ist damit sehr wahrscheinlich geworden, auch wenn allen beteiligten Akteuren wohl weder die nächsten Prozessschritte noch der zeitliche Ablauf klar sind. Die härtesten Konsequenzen werden die Entwicklungen zweifelsohne für die griechische Wirtschaft haben. Jedoch kann sich auch die Schweiz dem nicht völlig entziehen, wobei es vor allem von der Reaktion der Finanzmärkte abhängt, wie gravierend die Konsequenzen für die Schweiz ausfallen könnten.

Drei grundsätzliche Szenarien sind denkbar:

Welchen Konsequenzen hätte ein Grexit für die Schweizer Exporteure?  
Welche Konsequenzen würde ein "Grexit" dür die Schweizer Exporte
haben? BAKBasel antwortet mit drei Szenarien... (Grafik: o-mag.ch)
 

Szenario 1: Keine Ansteckung in Europa  

Es gelingt trotz der momentanen Unklarheiten, die weiteren Entwicklungen in der Euro-Zone in geordnete Bahnen zu lenken. Insbesondere kommen die Finanzmärkte schnell zu der Überzeugung, dass keine Ansteckungsgefahr für andere Länder und damit auch keine Gefahr für den Euro als Gesamtprojekt besteht. Die momentane Unsicherheit wäre in diesem Szenario im Wesentlichen auf Griechenland beschränkt. Dementsprechend dürften dann auch keine nennenswerten Fluchtbewegungen in den Franken entstehen und der Wechselkurs weitgehend  unberührt bleiben. In diesem Fall hätte die Schweizer Wirtschaft wohl nur eine kleine, nachfragebedingte konjunkturelle Delle zu verkraften, die mittelfristig eventuell sogar überkompensiert wird, wenn gegenüber dem Status Quo die Unsicherheit über die Zukunft des Euro abnimmt.

Szenario 2: Sicherer Hafen Schweizer Franken

Die derzeitigen Unklarheiten über die weitere Entwicklung können nicht schnell aufgelöst werden. Der weitere Prozess entwickelt sich jeweils kurzfristig und spontan. Zwar gelingt es mittelfristig, den Euro zu retten und eine Ansteckung weiterer Länder zu vermeiden. Die Zeit bis dahin ist jedoch von grossen Unsicherheiten an den Finanzmärkten geprägt. Dies führt zu einer Fluchtbewegung in den Franken und somit zu einer deutlichen Aufwertung, insbesondere  gegenüber dem Euro, aber auch gegenüber anderen Währungen. Die Konsequenzen für die Schweizer Wirtschaft wären hier wesentlich gravierender. Zu dem (relativ kleinen) Nachfrageausfall kommt nochmals eine erhebliche Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit durch die Wechselkursentwicklung. Dies kann auch durch die Nationalbank nicht abgefedert werden, da in einem dermassen unsicheren Umfeld ihre Massnahmen wie Negativzinsen nicht greifen. BAKBASEL hat die Folgen für die Schweiz eines derartigen Szenarios bereits zu einem früheren Zeitpunkt berechnet: Es wäre 2015 und 2016 mit einer schweren Rezession zu rechnen, erst 2017 setzt – auch dank des Überlebens des Euros – eine Wiederbelebung der Konjunktur ein.  

Szenario 3: Eurozone bricht auseinander

In einem dritten möglichen Entwicklungsstrang gelingt es nicht, eine Ansteckung weiterer Euro- Länder zu vermeiden, und die Eurozone bricht auseinander. Welche Auswirkungen dies hätte und  welche neue Ordnung sich dann etablieren könnte, ist aus heutiger Sicht nicht zu beantworten. In jedem Fall wären in diesem Prozess schwere weltwirtschaftliche Verwerfungen zu erwarten. Sicher ist auch, dass dieses Szenario für die Schweiz gravierende Folgen hätte. Obwohl die  Eintrittswahrscheinlichkeit dieses Szenarios aus heutiger Sicht geringer ist als bei den beiden oben erläuterten Entwicklungspfade, muss man sich auf Grund der massiven Folgen auch mit diesem Szenario beschäftigen.   

BAKBASEL verfolgt die Entwicklungen in Griechenland und in der Eurozone weiterhin intensiv. Es wird die neuesten Entwicklungen laufend in seine Modelle integrieren und die Konsequenzen für die Schweiz eruieren und quantifizieren. Angesichts der einschneidenden Veränderungen, der gossen Unsicherheiten und des hohen Tempos der Entwicklungen ist dabei entscheidend, nicht nur die aktuelle Lage im Auge zu behalten, sondern jeweils bereits die verschiedenen möglichen Entwicklungsstränge zu analysieren und ihre Konsequenzen zu quantifizieren. Nur so ist es möglich, auf alle Entwicklungen vorbereitet zu sein und gegebenenfalls schnell genug reagieren zu können. 

 

29.06.2015 | Autor Martin Eichler   -> Drucken

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