Werkplatz Schweiz 2025
Die makroökonomische WarteBoris Zürcher, Direktor und Chefökonom der BAKBasel Economics AG, analysierte den Werkplatz aus einer makroökonomischen Warte und kam zum Schluss, dass die Probleme nicht auf eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zurückzuführen seien, die sei grundsätzlich intakt. Auch ihre Fähigkeit zum Wandel und damit zum Wachstum sei gegeben. Dennoch rissen Hochpreisinsel und Löhne Lücken, die vom Frankenkurs erweitert werden. Wenn die SNB seit mehr als einem Jahr den Frankenkurs zähmt, dann kaufe sie damit für die Unternehmen Zeit, zusätzliche Produktivitätsfortschritte zu realisieren. Wie lange sie dies tun werde, konnte er natür-lich nicht sagen. Eine kurzfristige Lösung hatte der Ökonom nicht anzubieten, das hatte wohl auch niemand erwartet. Die politisch-ökologische SichtDa trat Josef Lang, Politiker und bis 2011 grüner Nationalrat, schon entschiedener auf. Er setzte auf die ökologische und klimapolitische Ausrichtung der Schweiz und gab sich überzeugt, dass diese den Werkplatz stärken werde. Als Hebel dazu dient die Cleantech-Initiative der SP, die bis 2030 136’000 bis 176‘000 Arbeitsplätze schaffen soll. Auch die Volksinitiative „Nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft“, welche den Schweizer Ressourcenverbrauch bis 2050 vom heutigen ökologischen Fussabdruck 3 auf einen solchen von 1 senken werde, wird von ihm unterstützt. Der Hinweis, dass diese Initiativen nur mit Unterstützung des Steuerzahlers zu realisieren sind, lies Lang ins Abseits laufen. Das Engagement des Staates für diese Ziele sei selbstverständlich und höhere Steuern seien kein Problem, schliesslich zeigten die skandinavischen (Hochsteuer-) Länder, dass man sich auch unter diesen Bedingungen gut entwickeln könne. Der Unternehmer muss handelnNicht überzeugt von dieser These war Christof Stürm, CEO der Steinemann Technology AG, und damit ein von der Problematik konkret betroffener Unternehmer. Mit einer Gegenüberstellung der Personalkosten seiner Branche in der Schweiz, in Deutschland und Italien machte er klar, wie hoch die Produktivitätsvorteile der Schweiz sein müssten, um die bis zu 50 % tieferen Lohnkosten der Wettbewerber auszugleichen. Da er dies für unrealistisch hält, hatte er schon vor Jahren begonnen, Teile seines Unternehmens nach Shanghai auszulagern. Dort werden heute Standardmodelle seiner Schleifmaschinen hergestellt, früher wurden diese in der Schweiz fabriziert, wo jetzt nur noch die Top-Modelle montiert werden. Mit der Verlagerung wurde rund die Hälfte der Arbeitsplätze exportiert. Immerhin tragen diese heute dazu bei, der Muttergesellschaft in St.Gallen über die schwierige Zeit zu helfen. Dem Strom entgegen braucht SubstanzWie skeptisch man die weitere Entwicklung beurteilen mag, Beat Kappeler, Ökonom und Kommentator diverser Medien, stärkte dem Werkplatz vor allem mit gesellschaftlichen Argumenten den Rücken. Erstens, so Kappeler, hätte die Schweiz viele Fehler anderer Länder nicht nachgemacht. Von der Verkürzung der Arbeitszeiten und Zementierung des Arbeitsmarktes bis zur Staatsverschuldung und der Gründung des Euro reiche die Liste. Zweitens verfüge das Land über eigene Stärken. Dazu zählt er Besonderheiten des schweizerischen Regierungssystems, u.a. Gepflogenheiten im Umfeld des Bundesrates, aber auch eine besondere Bereitschaft der Bürger, die Gesellschaft unentgeltlich zu unterstützen, was er als „Feedback-Gesellschaft Schweiz“ bezeichnet. Gemeinsam mit den ökonomischen Faktoren trügen diese Stärken dazu bei, dass die Wirtschaftskraft der Schweiz nicht etwa ein Achtel derjenigen Frankreichs ausmache, wie es ein Vergleich der Bevölkerungszahlen nahelegt, sondern etwa ein Drittel.
02.01.2013 | Autor
Jörg Naumann
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