Nach einem schwierigen 2015 für die Schweizer Wirtschaft hellen sich die Aussichten im laufenden Jahr auf. Das Bruttoinlandprodukt wird allerdings aufgrund der schwachen internationalen Konjunktur und den durch die Frankenaufwertung notwendigen Strukturanpassungen in der Schweiz in diesem Jahr nur um 1% zunehmen. Die Arbeitslosigkeit steigt 2016 leicht auf 3.5%. Die Preise sinken jedoch weiter.
Internationale Konjunktur
Die Weltkonjunktur verlor nach einem starken ersten Halbjahr 2015 im weiteren Jahresverlauf an Schwung. In den vergangenen Monaten häuften sich die negativen ökonomischen und politischen Nachrichten, was auf die Stimmung und die Aussichten drückt. Hinzu kamen die wirtschaftliche Abschwächung in China und ein erneuter Rückgang der Rohstoffpreise, was die Krise in den rohstoffexportierenden Schwellenländern verschärfte. Diese Entwicklungen bremsten die Weltkonjunktur.
Die europäische Konjunktur dürfte sich erst gegen Ende dieses Jahres wieder dynamischer entwickeln. Die Verlangsamung in China wird sich wohl fortsetzen, während die US-Konjunktur nach einem schwachen Jahresschluss 2015 im ersten Halbjahr 2016 wieder anziehen und dieses Tempo dann beibehalten wird.
Schweizer Konjunktur
Nach einem für grosse Teile der schweizerischen Wirtschaft schwierigen Jahr 2015 hellen sich die Aussichten langsam auf. Die schwächere internationale Entwicklung zum Jahresende 2015 dämpfte die Absatzmöglichkeiten der Exportwirtschaft. Mit der allmählichen Festigung der Konjunkturlage bei den Han-delspartnern dürfte die hiesige Wirtschaft wieder Tritt fassen. Die Hauptursache für die schwache Ent-wicklung im letzten Jahr war die Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro. Die Aufhebung des Mindestkurses setzte der Exportwirtschaft zu.
In einigen exportorientierten Branchen sind die Gewinnmargen immer noch sehr tief oder gar negativ. Dass die Situation für die Exportwirtschaft nicht mehr so düster ist wie vor einem Jahr, liegt an der leichten Abwertung des Frankens gegenüber der Situation im ersten Halbjahr nach der Aufhebung des Min-destkurses. Da aber aus dem Ausland nur schwache Impulse für die Schweizer Exporteure zu verzeichnen sein werden, bleibt die Lage angespannt. Mit der langsamen Erholung der Konjunktur in Europa wird sich die Exportdynamik in der zweiten Jahreshälfte allmählich wieder erhöhen. Insgesamt nehmen die Exporte in diesem Jahr um 2.1% zu und 2017 um 2.9%.
Obwohl die Preise für Importgüter aufgrund der Aufwertung des Frankens sanken, drückten die gedämpften Exportaussichten auch auf die Wareneinfuhren. Die verhaltenen Exportaussichten prägen die Entwicklung der Warenimporte weiterhin. Dagegen entwickeln sich die Importe von ausländischen Dienstleistungen robust. Insbesondere verzeichneten die Tourismusdienstleistungen, zu welchen auch der grenznahe Einkauf gezählt wird, im letzten Jahr einen weiteren Schub. Auch die Importe von ausländischen Geschäftsdienstleistungen stiegen kräftig. Für das laufende Jahr rechnet die KOF mit einer Abschwächung dieser Dynamik. Die gesamten Importe steigen dieses Jahr um 3.4%, das Plus verringert sich 2017 auf 2.8%.
Entwicklung der Bau- und Ausrüstungsinvestitionen von Sonderfaktoren geprägt
Der jüngste Bauboom klingt zwar langsam ab, starke Rückgänge erwartet die KOF aber nicht. Vielmehr dürften neue Finanzierungsquellen (z.B. Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur) dem Tiefbau Impulse geben. Aufgrund von Kapazitätsengpässen ist zudem zu erwarten, dass diese Impulse für eini-ge Jahre zu einer hohen Kapazitätsauslastung führen werden. Die Bauinvestitionen steigen 2016 um 1.2%, 2017 nur um 0.6%. Sonderfaktoren wie der Import von Flugzeugen und Schienenfahrzeugen füh-ren dazu, dass die Ausrüstungsinvestitionen in diesem und im nächsten Jahr etwas zunehmen werden (2016: +1.2%, 2017:+0.6%).
Preise sinken weiter
Die Preise sinken mittlerweile nicht nur bei den Importgütern, sondern auch bei Waren aus dem Inland, wenn auch in geringerem Ausmass als im Aussenhandel. Das Preisniveau wird gemäss der KOF zunächst weiter rückläufig bleiben (2016: -0.7%, 2017: 0.1%). Die Anpassungen an den veränderten Wechselkurs des Frankens dürften zurzeit über die Weitergabe von Produktivitätsgewinnen in Form von Preissenkungen erfolgen. Die Arbeitnehmer werden also von den laufenden Produktivitätsgewinnen in weitaus geringerem Ausmass in Form von Lohnerhöhungen profitieren als in der Vergangenheit. Nominal steigen die Löhne in diesem und im nächsten Jahr um 0.4%. Real sieht die Situation allerdings günstiger aus: Die Arbeitnehmer profitieren von den sinkenden Preisen. Die KOF rechnet mit realen Lohnzuwächsen von 1.1% im laufenden Jahr. Vor dem Hintergrund dieser Lohnzuwächse und der sich weiter abschwächenden Arbeitsmarktsituation erhalten die Ausgaben der privaten Verbraucher keinen grossen Auftrieb. Der private Konsum steigt 2016 mit 1.5% und 2017 mit 1.6% an. Die Sparquote wird, nach vielen Jahren mit Zuwächsen, stagnieren.
Weil einige Firmen mit diesem nominal fast eingefrorenen Lohnniveau noch immer nicht ihre variablen Kosten werden decken können, sind weitere Rationalisierungsinvestitionen oder Entlassungen von Arbeitskräften zu erwarten. Die Arbeitslosenquote dürfte darum bis ins nächste Jahr hinein weiter leicht ansteigen. Die KOF erwartet eine Arbeitslosenquote gemäss Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) von 3.5% in diesem und 3.6% im nächsten Jahr. Die Arbeitslosenquote gemäss der International Labour Organization (ILO) verläuft auf höherem Niveau ähnlich und dürfte 2016 sowie 2017 rund 4.8% betragen. Die Zahl der Beschäftigten (in Vollzeitäquivalenten) steigt 2016 um 0.4% und 2017 um 0.8%.
Rückkehr zu positivem, aber bescheidenem Wachstum
Der Wechselkurs des Euro zum Franken betrug zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung etwa 1.10 CHF/EUR. Dies entspricht einer Aufwertung von etwas weniger als 10% gegenüber dem Wert Anfang 2015. Sofern es in naher Zukunft nicht zu einem erneuten Aufwertungsschub kommt, könnten die Auswirkungen geringer bleiben als zunächst befürchtet. Die bisher erfolgte Strukturveränderung mit Rationalisierungen, Verlagerungen ins Ausland oder der ersatzlosen Stilllegung von Produktionsstandorten in der Schweiz wird allerdings nicht rückgängig gemacht, sondern setzt sich in der nächsten Zeit fort. Auf den ersten Schock erfolgt somit eine graduelle Erosion des Produktionsstandortes für exportorientierte Branchen. Das Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von Ende 2014 auf Ende 2015 entsprach mit 0.3% dann auch annähernd einer Stagnation, in den kommenden Quartalen erwartet die KOF jedoch eine Rückkehr zu einem positiven, wenn auch bescheidenen Wachstum. Insgesamt wird das BIP 2016 um 1% steigen und 2017 mit der zunehmenden internationalen Erholung um 2%.
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Quelle und Abb. KOF