Bruttoinlandprodukt im 4. Quartal 2015

Chemie und Pharma übertünchen die schwierige Lage

Das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz wuchs im 4. Quartal 2015 um 0,4%. Die Konsumausgaben der privaten Haushalte und des öffentlichen Sektors stützten das BIP-Wachstum. Die Bauinvestitionen blieben praktisch stabil, während die Ausrüstungsinvestitionen rückläufig waren. Der Aussenhandel lieferte einen negativen Wachstumsbeitrag. Der BIP-Deflator ging im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal um 1,1% zurück. Anhand der Ergebnisse der Quartalsschätzungen ergibt sich für das Gesamtjahr 2015 eine erste vorläufige reale BIP-Wachstumsrate von 0,9%, nachdem im Jahr 2014 ein Wachstum von 1,9% erreicht worden war. Die erste Schätzung der BIP-Entwicklung zu laufenden Preisen für das Jahr 2015 beträgt -0,4% (BIP-Deflator 2015: -1,3%). Das meldet das Staatssekretariat für Wirtschaft, Seco.

Reales Bruttoinlandprodukt - Veränderungsraten gegenüber dem Vorquartal - seco Q4 2015  
   

Die Ausrüstungsinvestitionen verzeichneten im 4. Quartal 2015 einen Rückgang um -0,9%. Ausschlaggebend waren die negativen Impulse der Investitionen in Fahrzeuge sowie in Forschung & Entwicklung, beides gehörte in den vorigen Quartalen noch zu den Wachstumstreibern. Positive Beiträge kamen von den Rubriken EDV sowie sonstige Fahrzeuge. Die Bauinvestitionen stagnierten im 4. Quartal (+0,1%).

Einseitig wachsende Warenex- und -importe

Die Warenexporte (ohne nicht monetäres Gold, Wertsachen und Transithandel) legten im 4. Quartal mit 2,9% kräftig zu. Wie bereits im Vorquartal wurde das Wachstum durch die Rubrik Chemie/Pharmaexporte getragen. Die restlichen Rubriken stagnierten oder bildeten sich leicht zurück (Uhren/Präzisionsinstrumente/Bijouterie). Ebenfalls kräftig stiegen die Warenimporte (ohne nicht monetäres Gold, Wertsachen), nämlich um 4,2%. Auch importseitig gingen die Wachstumsimpulse von der Chemie/Pharmabranche aus. Eine leichte Abnahme wurde in den Rubriken Fahrzeuge sowie Präzisionsinstrumente/Uhren/Bijouterie verzeichnet.

Index Konsumentenstimmung - Seco Jan.- 2015

 

Konsumentenstimmung fast unverändert

Im Januar 2016 verharrt die Konsumentenstimmung (Indexwert -14 Punkte) in der Schweiz unter dem langfristigen Durchschnitt (-9 Punkte). Das Vertrauen in die zukünftige Arbeitsmarkentwicklung hat sich etwas erholt, ist aber immer noch gedämpft. Die Erwartungen für die Preisentwicklung wurden erneut nach unten korrigiert.
 

BIP nach Verwendungskomponenten Q4 2015 - Seco

 
Weitere Angaben hier
 

Konsumausgaben legen leicht zu

Auch die Konsumausgaben der privaten Haushalte und der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck (POoE) wuchsen im 4. Quartal 2015 um 0,1%. Positive Beiträge kamen von den Rubriken Gesundheit, Nahrungsmittel und Getränke sowie Kommunikation. Rückläufig war der Konsum hingegen in der Rubrik Wohnen und Energie. Die Konsumausgaben des Staates stiegen in der Berichtsperiode hingegen um 0,6% an, während die Dienstleistungsexporte deutlich (-3,2%) einbrachen. Die Dienstleistungsimporte veränderten sich wenig gegenüber dem Vorquartal (-0,3%).

Deflation setzt sich fort

Die meisten Preise auf der Verwendungsseite des BIP setzten die rückläufige Entwicklung der vergangenen Quartale etwas abgeschwächt fort. Der Deflator des privaten Konsums nahm im Vergleich zum 4. Quartal 2014 um 1,4% ab und jener der Ausrüstungsinvestitionen um 2,6%. Im Aussenhandel wurden wie in den Vorquartalen besonders starke Preisrückgänge registriert: der Deflator der Waren- und Dienstleistungsexporte (Aggregat ohne das nicht-monetäre Gold und andere Wertsachen) nahm um 5,1% ab, derjenige der Importe (vergleichbares Aggregat) um 7,5%. Der Deflator des BIP registrierte einen Rückgang von 1,1%.

Entwicklung einseitig geprägt

Auf der Produktionsseite des BIP kam im 4. Quartal der stärkste Wachstumsimpuls vom verarbeitenden Gewerbe (+1,9%). Dabei handelt es sich aber nicht um ein breit abgestütztes Wachstum, sondern das positive Ergebnis geht massgeblich auf die Chemie- und Pharmabranche zurück. Ebenfalls positiv entwickelte sich die Wertschöpfung des Baugewerbes (+0,6%) sowie der Verkehrs- und Kommunikationsbranche (+0,5%). Gedämpft wurde das BIP-Wachstum hingegen durch den Handel (-0,6%) und das Gastgewerbe (-1,6%).

Erste provisorische Ergebnisse für 2015

Aus den Ergebnissen der Quartalsschätzungen ergibt sich für das Jahr 2015 eine erste vorläufige Wachstumsrate des BIP von 0,9% zu konstanten Preisen (gegenüber +1,9% im Jahr 2014) respektive ein Rückgang um 0,4% zu laufenden Preisen. Die seit 2009 erstmalig negative Entwicklung des nominalen BIP widerspiegelt massgeblich den ausgeprägten Rückgang des BIP-Deflators (-1,3%).

Verwendungsseitig wuchsen die Konsumausgaben der privaten Haushalte (+1,1%) und des öffentlichen Sektors (+1,7%) sowie die Ausrüstungsinvestitionen (+3,2%). Die Bauinvestitionen waren hingegen leicht rückläufig (-1,2%). Der Aussenhandel mit Waren und Dienstleistungen lieferte insgesamt einen positiven Wachstumsimpuls.

Auf der Produktionsseite des BIP wuchs die Wertschöpfung gemäss diesen vorläufigen Ergebnissen insbesondere im Gesundheits- und Sozialwesen (+5,3%) sowie im verarbeitenden Gewerbe (+3,1%). Negativ entwickelten sich im Gesamtjahr 2015 der Handel (-2,8%) und die Finanzdienstleistungen (-2,1%).

Kurzkommentar des BAK

In einem Kurzkommentar hält BAK Chefökonom Martin Eichler fest, dass das Wachstum der Schweizer Wirtschaft im 4. Quartal am oberen Ende der Erwartungen lag. Ausschlaggebend seien vor allem der expandierende staatliche Konsum und der Lageraufbau gewesen – beides Komponenten, bei denen unklar sei, wie nachhaltig ihr Wachstumsbeitrag ist. Bedenklich stimme die schwache Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen. Die Zurückhaltung der Unternehmen zeige, dass die Sorgen über die weitere Konjunkturentwicklung berechtigt seien. Zudem stütze sich die wieder etwas dynamischere Aussenhandelsentwicklung bisher einzig auf die Chemie/Pharma ab, was eine sehr schmale Basis für eine durchgreifende Erholung darstelle.

02.03.2016 | Autor Jörg Naumann   -> Drucken

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