IH-Dokumentenmanagement

Ohne professionelle EDV kaum denkbar

Möchten Sie im Störungsfall alle dafür relevanten Dokumente/ Zeichnungen auf Knopfdruck verfügbar haben, um Stillstandzeiten zu reduzieren? Ohne ein effizientes Dokumentenverwaltungssystem wird das nicht möglich sein. Das lässt sich jedoch nur mit entsprechender IT-Einbindung erreichen.

Damit Instandhalter ihre Instandhaltungsaufgaben durchführen können, benötigen Sie neben Material, Ersatzteilen und Werkzeug auch jede Menge Informationen und Dokumentationen wie z.B. Pläne, Bescheide, Stücklisten, Protokolle etc. Diese Informationen und Dokumente sind in verschiedenen IT-Systemen verfügbar oder liegen in Papierform vor.

Im Folgenden soll beschrieben werden, welche Anforderungen an die Dokumentation und deren Verwaltung - speziell für die Aufgaben in der Instandhaltung - gestellt werden und welche Nutzenpotentiale in einer gut geführten digitalen Dokumentation stecken.

Der Ist-Zustand

Folgende Ausgangssituation ist beim Grossteil der Unternehmen im Bereich der Dokumentation bzw. Dokumentenverwaltung in der Instandhaltung vorzufinden:

  • Dokumente (Zeichnungen, Textdokumente, Tabellen/Listen sind in Papierform in Ordnern abgelegt;
  • IH- und Anlagenrelevante eMails mit Attachments werden in einem eMail-System verwaltet;
  • ein Teil der Dokumente (vor allem neueren Datums) sind im EDV-System (Windows Explorer) abgelegt.
  • Zusätzliche Problematik: Unklare Ablagestrukturen führen zu

Mehrfachspeicherungen von Dokumenten und fehlerhafter Versionierung, Änderungen werden nicht an allen Ablageorten konsequent durchgeführt.

  • Diese Unsicherheit führt im Bedarfsfall zur Ist-Aufnahme eines Anlagenteils vor Ort.
  • Der Grossteil der Dokumente wird von Zulieferern geliefert. Nur für wichtige bzw. kritische Anlagenteile wird die Dokumentation in eine ʹbetreibergerechteʹ Dokumentation übergeführt und laufend aktualisiert.
  • Die Zuständigkeiten/Verantwortung für die Erstellung von Dokumenten bzw. für die Übernahme der Informationen von den Lieferanten ist nicht ausreichend definiert.

 Der Soll-Zustand

Es besteht im Allgemeinen die Ansicht, dass ein Dokumentenverwaltungssystem (DMS) in erster Linie Dokumente archiviert. Dies ist zwar nach wie vor eine wichtige Funktion, aber moderne DMS leisten wesentlich mehr. Ein DMS soll die für den Betrieb und die Instandhaltung wesentlichen Geschäftsprozesse unterstützen (z. B.: Workflow mit Benachrichtigung, Terminverfolgung, Aufgabenverwaltung und -kontrollen etc.).

Aus diesem Ablaufschema wird ersichtlich, dass zur Bewältigung einiger Arbeitsschritte eine Fülle von verschiedenen Unterlagen, wie Dokumente, Pläne, Stücklisten, u.ä. benötigt werden (hellblau unterlegte Kästchen). Die Anforderungen an ein professionelles Dokumentenmanagementsystem (DMS) sind daher:

  • Reduktion von Stillstandzeiten der Anlage: Die Dokumentation muss sehr rasch verfügbar sein (ohne langes Stöbern in Papierarchiven oder verteilten Laufwerken und Ablagesystemen), möglichst direkt vom Arbeitsplatz des Instandhalters.
  • Versionierung: Es muss sichergestellt sein, dass die jeweils gültige Version eines Dokuments gefunden wird und keine alte, ungültige Version.
  • Vollständigkeit: Es muss sichergestellt sein, dass alle zu einer Aufgabe vorhandenen Dokumente gefunden werden, und zwar unabhängig vom Ort des Arbeitsplatzes, der Uhrzeit und der Personen (Archivverwalter).
  • Mobile Anwendungen: Der mobile Zugriff auf Dokumente wird immer wichtiger.
  • Know-how-Transfer: In einer gut strukturierten Dokumentation kann das Erfahrungswissen langjähriger Mitarbeitenden bis zu einem gewissen Grad abgebildet werden, damit es für neue Mitarbeitende zugänglich ist.
  • Strukturierung: Eine Mehrfachstrukturierung bzw. eine abteilungsunterschiedliche Strukturierung soll möglich sein, obwohl Dokumente nur einmal (und damit eindeutig) abgelegt werden.
  • Gerichtsfeste Anlagendokumentation: Nachweis der qualitätsgesicherten Durchführung von Tätigkeiten, um auch im Fall von schwerwiegenden Störungen oder Unfällen für Haftungsansprüche gewappnet zu sein.

Will man diese Punkte konsequent umsetzen, so ist es - ab einer gewissen Grössenordnung bzw. Komplexität einer Anlage - unumgänglich, ein Dokumentenmanagementsystem einzusetzen. Einfache Hilfsmittel wie Windows-Explorer-Strukturen oder Excel-Listen reichen dann nicht mehr aus.

Anlagen Life Cycle und Zuliefervorschriften

Bei der Errichtung, beim Umbau oder der Erweiterungen von Anlagen, wird ein grosser Teil der Dokumentation von externen Zulieferfirmen erstellt.

Um das Ziel einer aktuellen ʺas buildʺ-Dokumentation zu erreichen, ist die Vorgabe von Zuliefervorschriften für die Dokumentation eine wichtige Voraussetzung. Diese Zuliefervorschriften sollten bereits bei der Ausschreibung einer Anlage oder eines Anlageteils mit dem Zulieferer vereinbart werden, da der Zulieferer zu einem späteren

Zeitpunkt Zusatzkosten geltend machen wird. Dabei ist es nicht ausreichend, vorzuschreiben, dass z.B. Textdokumente in Word und Zeichnungen in AutoCAD zu liefern sind. Die Vorgaben müssen wesentlich detaillierter und auf das vom Anlagenbetreiber bzw. von der Instandhaltung eingesetzte Dokumentenmanagementsystem (DMS) abgestimmt sein.

Werden alle für den Betrieb und die Instandhaltung notwendigen Dokumente in einem DMS verwaltet und bei Anlagenänderung auch aktualisiert, so kann über den ganzen Lebenszyklus einer Anlage - bis zur Entsorgung - auch ein entsprechender wirtschaftlicher Nutzen gezogen werden.

Integration

Daten und Dokumente für den Betrieb und die Instandhaltung werden nicht nur von den Zulieferfirmen erstellt sondern auch unternehmensintern. In der folgenden Grafik sind die Integrationen des DMS mit einigen wichtigen Anwendungsprogrammen dargestellt, wie sie z.B. bei einem Energieversorger realisiert sind. Wobei natürlich aus

der Sicht eines Instandhalters die Integration zu einem Instandhaltungsprogramm wie z.B. SAP/PM oder anderen Instandhaltungs- Planungs- Steuerungs- Analysetools von besonderem Interesse sein wird.

Wirtschaftlichkeit eines Dokumentenmanagementsystems

Die Einführung eines Dokumentenmanagementsystems - das den oben genannten Sollzustand erfüllt - verursacht sowohl externe Kosten, z B. Software, Dienstleistungen für Anpassung, als auch interne Kosten, etwa für die Projektleitung und das Einspeisen aller relevanten Pläne und Dokumente in das neue DMS. Daher sind diesen Investitionen die Nutzenpotenziale gegenüberzustellen.

Die Entscheidung für ein DMS sollte in erster Linie die qualitativen Vorteile, wie im Soll-Zustand beschrieben, berücksichtigen. Aber auch die quantitativenNutzenpotenziale, die sich im wesentlichen in stark verkürzten Suchzeiten für Dokumente und in der Reduktion der Bearbeitungszeit für Geschäftsprozesse manifestieren, sind erheblich, sodass sich eine Amortisationszeit ergibt, die im Bereich von ca. zwei Jahren liegt. Das Potenzial eines professionellen DMS lässt sich durch Rechenbeispiele belegen.

-       Beispiel 1 verdeutlicht den Wert einer Dokumentation für ein mittelgrosses Produktionsunternehmen.

-       Beispiel 2 stellt eine grobe Amortisationsrechnung dar.

Beispiel 1: Berechnung der Kosten für die Erstellung von Plänen und Dokumenten.

Annahme: Ein Unternehmen besitzt 50.000 Dokumente, davon 20.000 Zeichnungen, 30.000 Textdokumente. Der zu verwendende Stundensatz beträgt CHF 54,--. Zeichnungserstellung: 10 Std. im Durchschnitt; Textdokumentenerstellung: 0,5 Std. im Durchschnitt.

Kosten: 20.000 x CHF 540,- + 30.000 x CHF 27- = CHF 11´610´000,- d.h. die Dokumentation repräsentiert einen Wert von ca. 11,6 Mio. Schweizer Franken!

Beispiel 2 :Berechnung der Amortisationszeit (ROI)

Annahmen:Instandhaltungsabteilung und kleine interne Planungsabteilung:

  • 2 Planer, die laufend Zeichnungen und Dokumente erstellen/verändern,
  • 2 Mitarbeiter in der Instandhaltung, die Dokumente von Zulieferern übernehmen und die für die Anlagendokumentation im Allgemeinen zuständig sind,
  • 20 Mitarbeitende in der Instandhaltung, die Dokumente benötigen.
  • Interner Stundensatz CHF 540,- ; Jahresarbeitszeit:1650 Std.

Das Rechenbeispiel bezieht sich auf einen Zeitraum von zwei Jahren. Es sind keine zusätzlichen Investitionen für Hardware notwendig, da erfahrungsgemäss die vorhandene IT-Infrastruktur für die Einführung eines DMS ausreichend ist. Die angeführten Kosten sind Richtwerte, die sich durch geänderte Anforderungen erhöhen oder reduzieren können.

Kosten für das DMS für 2 Jahre:

  • Software-Lizenzen für 24 Anwender
  • (einmalig, zeitlich unbegrenzt) CHF 18´960.-
  • Externe Dienstleistungen für Projekteinführung 14´400.-
  • Software-Wartungsvertrag für 2 Jahre CHF 6'825.-
  • Optional: zusätzlicher Support bei Bedarf, z.B. bei Änderungen des Prüf- und Freigabeprozesses, Anlegen neuer, geänderter Dokumentenarten im Lauf der zwei Jahre 6´000.-
  • Summe für 2 Jahre CHF 46´185.-
  • Kosten für ein Jahr CHF ca. 23´093.

Folgekosten ab dem 3.Jahr, pro Jahr:

  • Softwarewartung CHF 3´412.-
  • Optional: zusätzliche externe Unterstützung CHF 3´000.-
  • Zu diesen externen Kosten kommen interne Kosten für die interne Projektleitung bei der Einführung eines DMS und für die Übernahme der bestehenden Dokumente in das neue System.

Einsparungspotenzial durch das DMS:

  • 2 Planer, die zu 70 % mit Planungsarbeiten beschäftigt sind (z.B. Pläne und Dokumente erstellen, bearbeiten, suchen, prüfen, verwalten, versenden und konvertieren).
  • 2 Instandhalter, die 40 % ihrer Arbeitszeit mit der Dokumentation beschäftigt sind.
  • Zeitersparnis (lt. Kundenaussage) 5 -10%. Für die Berechnung nehmen wir die Untergrenze von 5%. (Dies deckt sich mit Aussagen aus der Literatur von 2,44 Stunden Ersparnis pro Woche mit einem Dokumentenmanagementsystem).
  • 20 Instandhalter, die 20 % ihrer Arbeitszeit mit Dokumentensuche, Schreiben von Protokollen etc. beschäftigt sind. Die Zeitersparnis kann hier auf mindestens. 8 % gesetzt werden, da vor allem die Suche nach den richtigen Dokumenten wesentlich beschleunigt wird.

Damit ergeben sich jährliche Einsparungen von:

  • 2 Planer x 1.650 Std x 70 % x Stundensatz von CHF 54,- x 5 % Zeitersparnis = Euro 6´237.-
  • 2 Instandhalter x 1.650 x 40% x CHF 54,- x 5% CHF 3´564.-
  • 20 Instandhalter x 1.650 x 20% x CHF 54,- x 8% CHF 28´512.-

Einsparungen für ein Jahr CHF 38´313.-

Eine Amortisationszeit eines professionellen Datenmanagementsystems unter zwei Jahren ist also realistisch erreichbar.

Fazit

Nachdem die Dokumentationen für Anlagen immer umfangreicher werden, die Auflagen der Behörden steigen und alle Dokumente heute digital erstellt werden, ist der Trend zur digitalen Dokumentenverwaltung nicht aufzuhalten. Papierablagen - wie im nebenstehenden Bild zu sehen - gehören der Vergangenheit an. Digitale Dokumentenverwaltung steht also sowohl für die Reduktion interner Kosten, als auch für die notwendige Professionalisierung der Geschäftsprozesse im Bereich Betrieb und Instandhaltung von Anlagen.

Autoren:

Dr. Gerhard Haberl,  ha@technodat.co.at

Ing. Günter Loidl,  g.loidl@dankl.com

 

31.01.2012 | Autor Hans Joachim Behrend   -> Drucken

MEHR ZU DIESEM THEMA

1. 99,94% score in the BREEAM certification system
Most Sustainable Office in the World Based in the Netherlands
2. BVL-Anlass (Teil 2)
Instandhaltung - gestern, heute und morgen
3. Asset Management im Bahnverkehr
Richtige IT-Systeme beherrschen die Komplexität.
4. IH-Tage 2015 in Klagenfurt (A)
Mehr Potenziale und Herausforderungen
5. Instandhaltungs-Analysen
Lifecycle-Analyse für verbesserte, vorausschauende Antriebswartung
6. Maintenance/Services
Warum denn in die Ferne schweifen, …
7. Neues IH-Management
Die 4. Industrielle Revolution
8. IH-Management
Die Produktivität der Instandhaltung richtig beurteilen


TOP ARTIKEL

1. New O-Mag
O-Mag Online Magazine is Building a Brand New Website
2. KOF Konjunkturprognose Sommer 2017
Konjunkturbild hellt sich weiter auf
3. Smart Sensors on Borderline
An Estonian Defence Companys Technology is Tracking Terrorists in the Indonesian Jungle
4. Climeworks-Anlage in Hinwil
CO2 aus der Umgebungsluft kurbelt Pflanzenwachstum an
5. Neues Tool identifiziert auch Auswirkungen von Cyberangriffen
DHL Supply Watch: Maschinelles Lernen hilft bei Früherkennung von Lieferantenrisiken
6. Virtual reality glasses turn the sketches into a three dimensional model
Pencil, Paper, Clay...and 3D glasses

TOP AKTUELL

soeben aufgeschaltet
New O-Mag
O-Mag Online Magazine is Building a Brand New Website
KOF Konjunkturprognose Sommer 2017
Konjunkturbild hellt sich weiter auf
Smart Sensors on Borderline
An Estonian Defence Companys Technology is Tracking Terrorists in the Indonesian Jungle
Climeworks-Anlage in Hinwil
CO2 aus der Umgebungsluft kurbelt Pflanzenwachstum an
Neues Tool identifiziert auch Auswirkungen von Cyberangriffen
DHL Supply Watch: Maschinelles Lernen hilft bei Früherkennung von Lieferantenrisiken
Virtual reality glasses turn the sketches into a three dimensional model
Pencil, Paper, Clay...and 3D glasses
Tallinn-based NATO Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence welcomed Peter Pellegrini
Slovakia´s Deputy PM Peter Pellegrini Briefed on Recent Developments in Cyber Defence
3D printing
World's Largest Search Engine for 3D Printable Models Launched
Nicht den Estnischen Klimaverhältnissen
Elron muss hunderte Räder ihrer Züge auswechseln
Freelancer or team?
Teamwork Remains Important, even in the Grasshopper Age

MEIST GELESEN

1. Trends im globalen Urbanisierungsprozess
Wir leben immer städtischer
2. Fachausweis-Feier
74 neue Bereichsleiter/innen Hotellerie-Hauswirtschaft
3. KOF Winterprognose 2013
Die wichtigsten Indikatoren im grünen Bereich
4. Gefahrgut-Logistik
Mehr als nur Spezialgebiet
5. Hochregal-Lagertechnik
Holz statt Stahl – eine interessante Alternative
6. Instandhaltung-Marktspiegel
Der Wandel ist überall zu spüren
7. Kauft China Europa?
Chinesen setzen auf Technologie und Brands
8. Konjunkturprognosen 2012/13
Zuversicht stärker als Skepsis