Fachbereich: Management Support
Erstveröffentlichung: 13.03.2015 Ausgedruckt am: 30.07.2017 |
Fragen zur Migration in Europa (Teil 2)
Die Wanderungen von Arbeitnehmern – meist von Ost nach West – in Europa haben gewaltige Grössenordnungen angenommen. Während in Deutschland nach einer Lösung gesucht wird, um die Zuwanderung in die Sozialsysteme zu reduzieren, steht in der Schweiz die Befürchtung im Zentrum, mit der Aufgabe des Freizügigkeitsabkommens (FZA) könnte der Zugang zu den Märkten Europas entfallen. Doch was hat die Schweiz der bisherigen Immigration zu verdanken?
Auch in der Schweiz (vgl. Teil 1 der Serie) ist die Immigration ein wirtschaftlich wie politisch zentrales und kontrovers geführtes Thema. Prof. Jan-Egbert Sturm (KOF) geht u.a. der Frage nach, was das zur Disposition stehende Freizügigkeitsabkommen (FZA) mit der EU der Schweiz in der Vergangenheit gebracht hat. Aktenkundig ist, dass die Zahl der Einwanderer mit dem seit 2002 schrittweise eingeführten Abkommen in der Schweiz um 16'000 bis 36'000 pro Jahr gestiegen ist. In der gleichen Periode sei die Zahl der aus Drittstaaten zugewanderten Menschen allerdings zurückgedrängt worden, so dass der Bestand der erwerbsfähigen Bevölkerung jeweils nur um 10'000 bis 15'000 zugenommen habe, erläutert Sturm anlässlich der Präsentation des EEAG Reports on the European Economy im Swiss Re Centre for Global Dialogue. Je nach Altersklasse ergebe sich aus diesen (vom BfS stammenden) Zahlen eine Zuwanderungsrate von 20 bis 25%, die durch das FZA ausgelöst wurde. Doch heisst das nun, dass diese 20 bis 25% in Zukunft wegfallen, sollte das FZA mit der EU gekündigt werden? Was hätte das für Konsequenzen? Der entscheidende Faktor für die Antwort auf diese Frage ist nicht die Höhe der Zuwanderung als solche, sondern deren Einfluss auf das Wirtschaftswachstum. Haben die Immigranten dazu beigetragen, dass die Schweiz in der Zeit seit 2003 schneller gewachsen ist als vorher? Einfluss grundsätzlich nachgewiesenAktuelle Studien von Prof. Sturm zeigen, dass die Potenzialwachstumsrate der Schweiz im Vergleich zu europäischen Ländern nach 2003 deutlich gestiegen ist, während sie in anderen Ländern abgenommen hat. Zudem sei die Schweiz im Dezennium seit 2003 um rund einen Prozentpunkt rascher gewachsen, als (ohne Zuwanderung) zu erwarten gewesen wäre. Allein die eindeutig kausale Verknüpfung, dass also die Steigerung auf die erhöhte Zuwanderung zurückzurühren ist, lässt sich empirisch nicht beweisen. Einflussfaktoren separiertSturm gibt sich mit der zeitlichen Koinzidenz zufrieden. Um doch noch eine überzeugende Aussage zu erzielen, geht Sturm einen Schritt weiter und zerlegt die Wachstumskomponenten der Schweiz (s. Abb.). Mit dieser Methode separiert er die Einflussfaktoren und kann so beweisen, dass ein Viertel Prozentpunkt des jährlichen Wirtschaftswachstums der Schweiz nach 2003 mit der Personenfreizügigkeit erklärt werden kann. Für den grossen Rest stehen andere Einflussfaktoren Pate. Umfrageergebnisse eindeutigEindeutiger und vor allem kritischer tönt es, wenn Sturm die Ergebnisse der von der KOF aktuell getätigten Umfragen bei Schweizer Unternehmen kommentiert. Hier herrscht eindeutig die Überzeugung vor, dass eine Kündigung des FZA mit der EU deutliche Wachstumseinbussen zeitigen und die Zahl der Beschäftigten wie die Investitionen reduzieren würde.
13.03.2015 | Autor
Jörg Naumann
|
o-mag.ch - Fachinformationen ausschlißlich online