Bevölkerungsentwicklung Schweiz bis 2045

Sozialsystem vor schwieriger Aufgabe

Die Entwicklung der Schweizer Bevölkerung hängt von der sozioökonomischen und politischen Situation des Landes ab. Das zeigt eine Reihe von Szenarien, die das Bundesamt für Statistik (BFS) erarbeitet hat. So dürfte die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz gemäss Referenzszenario von 8,2 Mio Ende 2014 auf 10,2 Mio Personen im Jahr 2045 ansteigen. Das Wachstum werde im Wesentlichen der Migration und nur in geringerem Mass dem Geburtenüberschuss zuzuschreiben sein. Die Alterung der Bevölkerung werde sich in diesem Zeitraum stark beschleunigen.

Angesichts der relativ stabilen Anzahl Geburten und der zunehmenden Anzahl Todesfälle wird sich der Geburtenüberschuss kaum auf das Bevölkerungswachstum auswirken. Hauptfaktor der demografischen Entwicklung werden in den nächsten Jahrzehnten die Wanderungsbewegungen sein. Diese hängen wiederum in grossem Mass von der Wirtschaftsentwicklung und den einschlägigen Gesetzen ab. Je nach Konjunkturlage und Gesetzgebung könnte die Bevölkerung unterschiedlich stark wachsen. Auf der Basis der entsprechenden Hypothesen hat das BFS eine neue Reihe von Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz für den Zeitraum 2015–2045 erstellt.

Entwicklung der ständigen Wohnbevölkerung Schweiz 1985-2045  
Entwickung der Erwerbsbevölkerung Schweiz 1991-2045  
Alterspyramide Schweiz 2013 und 2045 (3 Szenarien)  

Drei Szenarien

Sollten die Hypothesen des Referenzszenarios eintreten, wird die Bevölkerungszahl von 8,2 Mio Personen im Jahr 2014 auf 9,5 Mio im Jahr 2030 und auf 10,2 Mio im Jahr 2045 ansteigen, was einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 0,7 % entspricht. Über 80 % dieser Zunahme sind auf den Einwanderungsüberschuss zurückzuführen. Dieser wirkt sich auch indirekt auf den Geburtenüberschuss aus, da die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter und somit auch die der Geburten erheblich ansteigen.
Das Referenzszenario geht von einer leicht zunehmenden Geburtenhäufigkeit, einer weiter steigenden Lebenswartung und Wanderungsbewegungen in der Grössenordnung der Durchschnittswerte der letzten zehn Jahre aus. Im «hohen» Szenario, wo ein höherer Wanderungssaldo, eine stärker zunehmende Geburtenhäufigkeit und eine etwas schneller ansteigende Lebenserwartung angenommen werden, wird die Bevölkerung stärker wachsen und bis 2045 auf 11,0 Mio Personen ansteigen. Im «tiefen» Szenario mit einem etwas tieferen Wanderungssaldo, einer mit den aktuellen Werten vergleichbaren Geburtenhäufigkeit und einer langsamer steigenden Lebenserwartung wird die Bevölkerung hingegen weniger stark wachsen. Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz wird gemäss diesem Szenario im Jahr 2045 9,4 Mio Personen umfassen.

Markante demografische Alterung 

In den nächsten Jahren ist bei allen Szenarien eine markante und rasche Alterung der Bevölkerung (Anteil der älteren Menschen an der Bevölkerung) zu erwarten. Gemäss dem Referenzszenario wird die Zahl der 0- bis 19-Jährigen und der 20- bis 64-Jährigen nur leicht ansteigen. Die Zahl der Personen unter 20 Jahren wird zwischen 2014 und 2045 von 1,7 auf 1,9 Mio zunehmen, was einem Anstieg von 14 % entspricht. Jene der 20- bis 64-Jährigen wird sich um 9 % von 5,1 auf 5,6 Mio erhöhen. Bei den Personen ab 65 Jahren wird dagegen ein sehr starkes Wachstum von rund 84 % zu verzeichnen sein, da zwischen 2020 und 2035 die geburtenstärksten Babyboom-Jahrgänge allmählich ins Rentenalter kommen. Die starke Zunahme der Anzahl Personen ab 65 Jahren in den nächsten 30 Jahren wird nicht nur auf die immer grössere Anzahl Personen, die das Rentenalter erreichen, zurückzuführen sein, sondern auch auf die zunehmend höhere Lebenserwartung der 65-Jährigen und Älteren. Gemäss dem Referenzszenario wird die Schweiz 2045 insgesamt 2,7 Mio Personen ab 65 Jahren zählen. Ende 2014 waren es 1,5 Mio.

Zunahme der Erwerbsbevölkerung

Gemäss dem Referenzszenario wird auch die Erwerbsbevölkerung bis Ende 2045 um 11 % ansteigen und einen Wert von 5,3 Mio erreichen. In Vollzeitäquivalenten ausgedrückt fällt die Zunahme der Erwerbsbevölkerung stärker aus (+13% auf 4,6 Mio), was u.a. durch höhere Beschäftigungsgrade bei den Frauen zu erklären ist. Für das «hohe» Szenario wird bis ins Jahr 2045 ein kontinuierlicher Anstieg der Erwerbspersonen auf 6 Mio erwartet (+24%); beim «tiefen» Szenario wird die Zahl der Erwerbspersonen bis 2020 um 1 % ansteigen und anschliessend bis 2045 wieder leicht sinken (4,7 Mio; -2% gegenüber 2014). Die Alterung der Bevölkerung kommt durch eine sehr starke Zunahme der Zahl der Personen ab 65 Jahren im Verhältnis zur Erwerbsbevölkerung zum Ausdruck. Im Jahr 2014 wurden 33 Personen ab 65 Jahren auf 100 Erwerbspersonen im Alter von 20 bis 64 Jahren verzeichnet. Gemäss dem Referenzszenario wird sich dieser Wert bis im Jahr 2045 auf 56 erhöhen («hohes» Szenario: 53; «tiefes» Szenario: 59). Eine steigende Zahl der Erwerbstätigern kommt der Herausforderung der Sozialversicherungen grundsätzlich entgegen, zumal wenn die Ausbildung der Erwerbstätigen den künftigen Anspüchen genügt. 

„Braingain“ durch Zuwanderung

Gemäss dem Referenzszenario wird der Anteil der Personen mit Tertiärabschluss (Hochschulen und höhere Berufsbildung) an der Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren, der 2000 noch bei 24 % lag, noch deutlicher zunehmen und von 40 % im Jahr 2014 auf 50 % im Jahr 2027 und 56 bis 57 % im Jahr 2040 ansteigen. Beim «hohen» Szenario wird die 50-%-Schwelle bereits ab 2023 überschritten. Beim «tiefen» Szenario dagegen wird um das Jahr 2035 ein Maximum von 50 % erreicht. 

Die Zahl der Tertiärabschlüsse in der Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren erhöht sich bis 2030 um 800'000 auf 2,6 Mio. Rund 30 % dieser Zunahme sind auf den Migrationssaldo von Personen mit einer Ausbildung auf Tertiärstufe und somit auf den «Braingain» zurückzuführen. Der Anteil der Personen ohne nachobligatorische Ausbildung wird gemäss allen Szenarien voraussichtlich abnehmen, bis 2027 jedoch noch über 10 % betragen (2014: 12%). In der ausländischen Wohnbevölkerung sinkt dieser Anteil von 25 % im Jahr 2014 in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich auf weniger als 20 %. 

Zur Kurzsstudie

22.06.2015 | Autor Jörg Naumann

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