Fachbereich: Studien & Marktanalysen
Erstveröffentlichung: 22.02.2014 Ausgedruckt am: 30.07.2017 |
Wirtschaftskriminalität - die Schweiz
Während der 2014 Global Economic Crime Survey von PWC auf den Aussagen von über 5000 befragten Unternehmens- und Organisations-Repräsentanten aus aller Welt basiert, muss sich die Länderstudie Schweiz mit 83 Organisationen – 42% davon sind an der Börse kotiert – bescheiden. Doch wenn in der Schweiz 37% der teilnehmenden Unternehmen seit 2012 von kriminellen Attacken heimgesucht wurden, entspricht diese Zahl exakt dem Wert der weltweiten Analyse. Ansonsten weichen die erhobenen Werte hier und da durchaus von europäischen und/oder weltweiten Erfahrungen ab. Unterschiede zeigen sich beispielsweise hinsichtlich der Bedrohungstypologie. Veruntreuung gehört zwar weltweit zu den häufigsten Fällen von Wirtschaftskriminalität. Doch während sich weltweit 40% der Befragten als davon Betroffene outen, sind es in der Schweiz zwei von drei an der Umfrage beteiligten Unternehmen, also über 66%. Und dabei sind dies deutlich weniger als in der letzten Umfrage 2011, damals waren es nämlich noch 80%.
Finanzdienstleistungen am meisten betroffenÜber die Hälfte der an der Umfrage aktiv Beteiligten sind Vertreter der drei Sparten Finanzdienstleistungen, Produktion, Engineering und Konstruktion. Die erste von diesen ist ist laut Studie in Sachen Wirtschaftskriminalität am meisten betroffen. Das verwundert die Herausgeber indessen nicht, sie gehen sogar davon aus, dass die ständig steigende Menge der in dieser Branche zu verarbeitenden Daten erwarten lässt, dass hier auch in Zukunft mit einer steigenden Bedrohung zu rechnen ist. Für andere Bereiche gilt das nicht im gleichen Masse, auch wenn Urheberrechtsverletzungen in der Schweiz schon heute zu den häufigsten Fällen von Wirtschaftskriminalität zählen und sich seit der Studie im Jahr 2011 von 8 auf 16 % verdoppelt haben. Oft lässt sich die Schadenhöhe nicht beziffernDie Schäden, die Wirtschaftskriminalität in der Schweiz verursacht, dürften auch in der Schweiz beachtlich sein, wobei 71% aller Geschädigten diese in die Kategorie bis zu 1 Mio US-$ verwiesen. 13% der Befragten konnten oder wollten die Schadenhöhe gar nicht nennen. Kommt hinzu, dass der finanzielle Schaden durch weitere Effekte, wie z.B. die Demotivation der Mitarbeitenden oder der Verlust an Reputation und/oder verschlechterte Beziehungen zu den Stakeholdern, vergrössert werden. Immerhin 3 % der Befragten geben zudem an, dass sich kriminelle Attacken negativ auf die Entwicklung des Aktienkurses Ihres Unternehmens ausgewirkt hätten. Schweiz gegen den TrendWährend die Wirtschaftskriminalität in rezessiven Phasen weltweit an Bedeutung gewinnt, scheint in der Schweiz das Gegenteil der Fall zu sein. Die Studie erklärt dies mit den seltener werdenden Gelegenheiten u.a. aufgrund sinkender im Umlauf befindlicher Vermögenswerte sowie durch den Trend, Mitarbeiter in solchen Zeiten kritischer zu begleiten und schneller zu entlassen. Auch in anderer Hinsicht weichen die Erkenntnisse aus der Schweiz von denen in Westeuropa ab. So gehört über die Hälfte der von Wirtschaftskriminalität betroffenen und an der Studie mitgemachten Unternehmen in der Schweiz zu den Sektoren Finanzdienstleistungen, Fertigung und Konstruktion. Auf der einen Seite erstaunt das nicht, weil sich diese Abweichung vom europäischen Mittel mit der überdurchschnittlich hohen Anzahl der entsprechenden Unternehmen im Teilnehmerfeld erklären lässt. Wenn aber auf der anderen Seite 71% aller kriminellen Schadensfälle allein aus dem Finanzdienstleistungsbereich stammen, dann mag man hier schon hellhörig werden. Dabei gehen die Autoren der Studie davon aus, dass die ständig steigende Menge der zu verarbeitenden Daten („Big Data“) erwarten lässt, dass in diesem Umfeld auch in Zukunft mit einer weiter steigenden Bedrohung gerechnet werden muss. Von wo - und wem - die Attacke drohtWer steckt eigentlich hinter wirtschaftskriminellen Attacken? Die Befragten lassen hier in der aktuellen Umfrage keine Zweifel offen, dass die meisten Fälle – nämlich 55% – von eigenen Mitarbeitenden verursacht werden, was wiederum dem global ermittelten Wert entspricht, allerdings deutlich höher liegt als in der letzten Studie (40%). Damit haben sich die Initiatoren von aussen ins Unternehmen verschoben (oder die Wahrnehmung derselben), denn in der letzten Studie war noch von einem Anteil externer Akteure von 52% und interner von gerade mal 40% die Rede. Und die Erwartungen gehen in die Richtung, dass sich die Bedrohung in Zukunft wieder in Richtung externe Akteure verschiebt.
22.02.2014 | Autor
Jörg Naumann
|
o-mag.ch - Fachinformationen ausschlißlich online