Fachbereich: Management Support
Erstveröffentlichung: 02.01.2014 Ausgedruckt am: 30.07.2017 |
Suspekte Adressen bei Firmeninsolvenzen
Seit dem 1.1.2004 gab es in der Schweiz 35‘718 Firmeninsolvenzen. Diese fanden an 28‘760 verschiedenen Adressen statt. Im Schnitt kam es also über die letzten zehn Jahre auf 1,24 Konkurse pro betroffene Adresse. Es gibt allerdings Gebäude, in denen der Pleitegeier auffällig oft zu Besuch ist und an ein paar wenigen Adressen gibt es auffällig viele Firmenpleiten. So verursachten gemäss der Analyse von Bisnode 1,8 Prozent der Gebäude satte 8,6 Prozent aller Insolvenzfälle. Bisnode hat untersucht, an welchen Adressen seit dem 1.1.2004 die meisten Firmenpleiten stattfanden. Die Identifikation der einzelnen Gebäude fand über die Adresselemente Ort, Strasse und Hausnummer statt. Es handelt sich dabei um insgesamt 35‘718 Insolvenzfälle in 28‘760 Gebäuden. Im Durchschnitt fanden somit pro Adresse 1.24 Konkurse statt. Wie die Analyse von Bisnode zeigt, verursachte eine sehr kleine Zahl von Adressen eine besonders hohe Zahl an Firmenpleiten. Allen voran geht das Gebäude an der Untermüli 6 in Zug mit 37 Insolvenzen, gefolgt von der Via Prati Grandi in Cadenazzo mit 31 Insolvenzen und der Rue du Cendrier 15 in Genf mit 29 Insolvenzen. Insgesamt gab es über die letzten zehn Jahre 308 Adressen mit fünf oder mehr Konkursen. Für das Risikomanagement von Unternehmen sind die Listen mit suspekten Adressen ein Hilfsmittel, um potenzielle betrügerische Aktivitäten frühzeitig zu erkennen und um Verluste zu verhindern. Bei 85,5% der erfassten Adressen gab es in den letzten zehn Jahren nur einen Insolvenzfall, bei 10,1% der Adressen waren es zwei Insolvenzen und bei 2,6% waren drei Firmen ansässig, welche ihre Rechnungen nicht mehr bezahlten. Somit fand in 98,2% der erfassten Gebäude nur eine bis maximal drei Firmenpleiten statt. Die Adressen, in denen es zu vier oder mehr Firmenpleiten kam, machten also 1,8% aller betroffenen Gebäude aus. Die zahlungsunfähigen Firmen aus diesen wenigen Gebäuden verursachten jedoch satte 8,6% aller Konkurse. Die Analyse von Bisnode zeigt somit, dass es eine kleine Anzahl von Adressen gibt, welche massiv überproportional viele Insolvenzfälle verursachen. Für die Lieferanten und Dienstleister, welche die Pleite-Firmen gegen Rechnung beliefern, bedeutet das meist einen finanziellen Totalschaden. Risikomanagement und BetrugsbekämpfungBisnode kann Daten über suspekte Gebäude mittels verschiedener Merkmale erheben. Dazu gehört unter anderem die Analyse der Löschungen von Firmen, der Auflösungen wegen Organisationsmängeln nach OR 731b oder auch die absolute Anzahl aktive eingetragene Firmen beziehungsweise die inaktiven Firmen pro Adresse. Damit lässt sich abbilden, was für Bewegungen es an einer bestimmten Adresse gibt. Bei den aktiven Firmen können diese Daten mit aktuellen Bonitätsinformationen ergänzt werden, um ein noch präziseres Bild zu erhalten. Unternehmen verwenden die Adress-Informationen im professionellen Risikomanagement. Sie helfen dabei, das gesamte Kunden-Portfolio zu analysieren und zum Beispiel das Ausfallrisiko sämtlicher ausstehenden Lieferantenkredite zu beziffern. Ein zusätzlicher Verwendungszweck liegt bei der Erstellung von Score-Cards, die aus verschiedenen Daten mittels statistischen Verfahren spezifische Risikoeinschätzungen berechnen. Auch in der Betrugsbekämpfung kommen diese Adress-Listen zum Einsatz. Sie können im CRM (Customer Relationship System) beziehungsweise im Finanzsystem hinterlegt werden. Wenn eine Firma Kunde werden will, die an einer suspekten Adresse ihren Sitz hat, erhält der Lieferant oder Dienstleister automatisch einen Hinweis darauf. Er kann dann allenfalls weitergehende Recherchen über die Firma tätigen sowie allenfalls die Zahlungskonditionen anpassen, um ein mögliches Risiko zu minimieren. Ein frühzeitiges Erkennen von potenziell betrügerischen Aktivitäten spart Unternehmen viel Geld. Sie können ihr Engagement für die betreffenden Firmen minimieren, indem sie zum Beispiel auf Kundenbesuche oder auf die Offertstellung verzichten. Noch viel wichtiger ist jedoch das Vermeiden von Verlusten durch betrügerische Insolvenzen, bei denen eine Firma bewusst in die Zahlungsunfähigkeit geschickt wird. Wenn ein Lieferant seine Ware auf Rechnung ausliefert, entsteht ein sogenannter Lieferantenkredit. Die Ware ist bereits beim Kunden, das Geld dafür aber noch nicht auf dem eigenen Konto. Geht der Kunde nun in die Insolvenz, wird der Lieferant in den meisten Fällen einen finanziellen Totalverlust erleiden. Im schlimmsten Fall führt dieser zur eigenen Insolvenz, zumindest aber zur Gewinnschmälerung, die mit zusätzlichen Verkaufsaktivitäten wieder ausgeglichen werden muss.
02.01.2014 | Autor
Jörg Naumann
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