Fachbereich: Maintenance
Erstveröffentlichung: 15.11.2013 Ausgedruckt am: 30.07.2017 |
Instandhaltung-Marktspiegel
Unternehmensleitungen bestätigen, dass die Instandhaltung (IH) in vorwiegend technischen Bereichen einen neuen Stellenwert erlangt hat. Die Mitarbeitenden in diesen Abteilungen sind nicht mehr die ʹFeuerwehrʹ für aussergewöhnliche Vorkommnisse im Betrieb, sondern ein aktiver Erfolgsfaktor. Wichtige Unternehmensleistungen sind ohne entsprechend ausgebildete IH-Leute sowie ohne gezielt angewandte Konzepte und Mittel nicht zu erreichen. Vier Instandhaltungsexperten zeichnen ein Marktbild vom modernen, industriellen Maintenance. In den verschiedenen Branchen wird Instandhaltung zunehmend ein wichtiges Thema: Das resultiert aus hoher Verfügbarkeit der Anlagen, neues Kostenbewusstsein der Unternehmensleitungen, Kompetenz der IH-Leistungserbringer usw. Früher musste der Bereich der Instandhaltung in Unternehmen mit minimalen Mitteln – sprich nur auf das absolut Notwendigste heruntergebrochen – auskommen. Zeichnet sich eine Trendwende ab?Dazu Hans Burger, Maintenance-Spezialist beim weltweit produzierenden Zementfabrikationskonzern Holcim Technology Ltd. und Vorstandsmitglied von fmpro: „ Aus meiner Sicht zeichnet sich eine Wende ab. Langsam entsteht in allen Industriezweigen eine neue Sichtweise. Gute, professionelle Instandhaltung wird zunehmend als Teil zum Betriebserfolg angesehen.“ Für diese Trendwende in der Instandhaltung … … sprechen gemäss Burger verschiedene Gründe. So nennt er z.B. den grossen Konkurrenzdruck aus Billiglohnländern. „Jeder Betrieb ist heute aufgefordert, kostengünstig zu produzieren mit sehr hohen Anforderungen an die Verfügbarkeit und die Zuverlässigkeit der Anlagen. Dazu hat man gemerkt, dass die Instandhaltung ein Teil von betriebswirtschaftlichen Überlegungen ist und somit einen wesentlichen Anteil am Unternehmenserfolg beiträgt. Aus dieser Konstellation entsteht natürlich eine Grundlage für eine ganz andere Sichtweise für die Instandhaltung.“
Hans Burger weiss aber auch, dass der Instandhalter heute anders denkt und handelt. Eine Folge der gezielten Ausbildung, wie er meint. „Man ist näher am Betriebswirt, man versteht den Betriebswirt“, erklärt Burger diesen Aspekt. „Ich möchte das sogar überspitzt sagen: es ist einfacher einem Instandhalter Betriebswirtschaft beizubringen, als einem Betriebswirt Instandhaltung. Grundsätzlich glaube ich, dass Manager, die heute ihre Führungsaufgaben wahrnehmen, haben eine differenzierte Ansicht über diese Dinge haben. Das hat sicherlich mit der Ausbildung der verschiedenen Leute zu tun, aber eben auch – wie schon erwähnt: der Instandhaltungsleiter und der Instandhaltungsfachmann lernen heute viel über erfolgreiche Betriebswirtschaft.“ Auffällig für diesen Wandel, für den neuen Trend, ist vermutlich auch, dass zunehmend Instandhaltungs-Dienstleister im Markt anzutreffen sind. Können die Dienstleister die Instandhaltungsaufgaben kosteneffizienter durchführen? Diese Frage beantwortet Hans Burger mit einem entschiedenen Nein.Er weiss aber auch, dass es Situationen und Fälle gibt, bei denen ein IH-Outsourcing-Modell gut funktioniert und auch Erfolg verzeichnet. Seine langjährige, persönliche Erfahrung zeigt jedoch, dass das Instandhaltungs-Know-how im Unternehmen verbleiben muss. „Gerade in einem Produktionsbetrieb, wie dem unsern, wo kontinuierlich produziert wird, muss und ist Instandhaltung ein Kernwissen. Und durch das Outsourcing verliert man den direkten Kontakt dazu. Aus diesem Grund sehen wir bei Holcim keine Unternehmensverbesserung für ein Outsourcing-Modell.“ Wenn die IH-Ausbildung heute einen sehr hohen Stand erreicht hat, könnten sich die Instandhalter aufgrund ihres Wissens und vielleicht auch aufgrund der guten Wirtschaftssituation jetzt zurücklehnen. „Auf keinen Fall!“ entgegnet Hans Burger entschieden. „Die Herausforderung verlangt heute Flexibilität und kontinuierliche Suche nach neuen wirtschaftlichen Modellen. Alle Unternehmenskräfte müssen dem ständigen Margendruck, der besteht, der Konkurrenz aus Billiglohnländern, etc., ständig entgegentreten, um neue kreative, innovative Lösungen zu finden. Ob das nun in technischen, professionellen Sinn ist, oder ob das im Führen und Management passiert, hierbei nimmt der Instandhaltungsleiter, die Führungsperson, eine sehr wichtige Rolle ein. Es ist kontinuierliches Lernen angesagt. Denn wer rastet, der rostet, und der hat heute keinen Platz in der Industrie. Verbessern, vereinfachen und sicherer machen
In der Industrie zählen Anlagen- und Maschinenkontrollen, Messdatenerfassung oder die Mobilität der Mitarbeitenden zu wesentlichen IH-Aufgaben. Protokolle, Reports und Expertisen sind in diesem Zusammenhang wichtige Dokumente, die sowohl in Papierform als auch digital erstellt werden können. Prof. Jörg Lagemann, Geschäftsführer der GreenGate GmbH, einem führenden Unternehmen im Instandhaltungs-Softwarebereich, sieht für die Instandhaltung, die zunehmend mit PC-Programmen geplant und bestimmt wird, ein Trend, ʺweg vom Papier, hin zum digitalen Dokumentʺ. „Natürlich stellt sich heute in der Instandhaltung die Frage, wie kann ich ohne Medienbruch möglichst zurückmelden. Wir beobachten, dass dazu digitale Themen mehr und mehr eingesetzt werden, um das alltägliche Tagesgeschäft zu vereinfachen.“ Die Kombination von schriftlichen erstellten Berichten und digitaler Datenumsetzung hat GreenGate in einem System, dem «GS DigitalPen», zusammengeführt und anlässlich der Maintenance-Messe in Zürich-Oerlikon im Februar dieses Jahres vorgestellt. Was aber braucht es dafür an Hard- und Software? Welches Wissen ist Voraussetzung? „Es braucht natürlich den digitalen Stift“, beginnt Lagemann die Fragen ein wenig belächelnd zu erläutern, „und es ist dafür entsprechende Software vonnöten. Die Handhabung ist jedoch sehr einfach und ist schnell erlernbar. Jeder kann damit umgehen. Man schreibt, wie bis anhin gewohnt, die Informationen und Daten auf Papier, die dann aber gleichzeitig von dem Stift in digitaler Form abgespeichert und in das PC-System überspielt werden.“Die einfache Anwendung besticht umgehend. Und der sicherlich grösste Vorteil zeichnet sich dadurch aus, dass kein Medienbruch mehr vorherrscht. Es müssen also keine Daten vom Papier nochmals manuell in das PC-System eingetippt werden. Doch wie steht es mit Referenzen für das System? Gibt es bereits Anwender? „In der Tat“, erwidert Jörg Lagemann die Frage. „Wir haben in der Schweiz zwei kommunale Versorgungsunternehmen, die das System mit etwa 20 DigitalPen-Stiften arbeiten – und dies sehr erfolgreich. Für sie gibt es kein Zurück mehr. Doch nicht nur Zufriedenheit herrscht in diesen Unternehmen, auch die Investition bezeichnen sie mit überschaubar. Sofort nach der Lieferung der Stifte und der Integration der Software sowie einer kleinen Einführungsschulung konnten alle involvierten Mitarbeitenden das System schon nutzen.“ Fernwartungskonzepte nehmen zu Insbesondere für komplex gesteuerte Produktionsanlagen bietet sich ein umfassendes Störungs- und Instandhaltungs-System auf zentraler Informationsebene und mit so genanntem Fernzugriff an. Von Siemens weiss man, dass das Unternehmen sehr viel mit Instandhaltung, namentlich mit der Fernwartung von grossen Anlagen und Maschinen, zu tun hat. Das Thema Fernwartung ist in vielen Industriezweigen noch nicht so aktuell. Die Marktsituation erläutert Dr. Martin Resch, Leiter Services und Systeme im Industriesektor bei Siemens Schweiz AG.
Dr. Martin Resch: „Die rasante Entwicklung der modernen Datenkommunikation und auch die Zugangssicherheit gibt uns heute Möglichkeiten für so genannte Fernwartungs- oder Remote-Konzepte. Ein Remote-Zugang bringt unsere Techniker heute sehr schnell an die Anlagen unserer Kunden. Und dabei spielt´s gar keine Rolle, wo der Techniker sich aktuell befindet oder wo auf der Welt die Anlage steht. Wir, Siemens bzw. unsere Techniker, bieten unseren Kunden so einen 24-Std.-Support vor Ort – auch wenn die Anlagen weltweit verteilt sind.“ Fernwartung bietet sich immer an, wenn der Anlagenbetreiber auf gezielte Unterstützungsleistung angewiesen ist oder wenn Stillstandzeiten hohe Kosten verursachen. Zum Beispiel bei einer Interventionszeit von kleiner einer Stunde ist ohne einen Remotezugang eine solche Leistung gar nicht zu gewährleisten. Doch ist denn ein solches Remote- oder Fernwartungskonzept nicht auch eine teure Angelegenheit? „Im Verhältnis zu den Kosten“, erklärt Dr. Resch die Frage, „die entstehen würden, wenn eine Anlage ausfällt, sind die Kosten marginal. Dass heisst, die Hardware-Kosten für ein Basispaket eines Remote-Zugangs liegen bei mehreren hundert Franken. Dazu kommen noch ein bis zwei Tage Engineering-Leistungen und Installationsleistungen. Was man allerdings bedenken muss, ist, ein Remote-Zugang muss regelmässig getestet werden, d.h. die Zuverlässigkeit muss regelmässig angeschaut werden. Das macht man natürlich am besten mit den präventiven Leistungen, die durchgeführt werden.“ Bei der Menschensicherheit mangelt es noch
Aus früheren Berichten und Medieninformationen ist bekannt, dass im Bereich Instandhaltung die meisten tödlichen Unfälle passierten. Aber auch ohne tödlichen Ausgang standen Unfälle bei Instandhaltungsaufgaben an vorderster Stelle. Hat sich diese Situation heute verändert? Eine Frage, die kompetent von Maurus Adam, von der Abteilung Arbeitssicherheit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt Suva beantwortet wird. Er tritt seit vielen Jahren für eine unfallfreiere Instandhaltung ein. „Das Unfallrisiko ist gleich noch stets hoch“, erklärt Maurus Adam. „Es ist nach wie vor so, dass jeder zehnte Todesfall im Jahr im Bereich Instandhaltung an Maschinen und Anlagen auftritt. Aber es hat eine Verlagerung gegeben von der technischen Unfallursache zur nicht technischen Unfallursache, also solchen, die organisatorischer Natur oder auf fehlerhaftes Verhalten zurückzuführen sind.“ Und hierzu spricht Maurus Adam besonders die Branchen an, die grosse, komplex verkettete Produktionsanlagen betreiben, wo sich im Fall von Störungen Menschen dann im so genannten Gefahrenbereich aufhalten, um den Ausfall der Anlage zu beheben – also Instandhaltung bzw. Instandsetzung vollziehen. Um hier zum Verhalten der Mitarbeitenden korrigierend einwirken zu können, hat die Suva unter anderem acht lebenswichtige Regeln für die Instandhaltung erarbeitet und diese ihren Industriekunden abgegeben. Darin wird verständlich aufgezeigt, wie in gewissen Instandhaltungsfällen richtig vorzugehen ist. Das beginnt mit der sorgfältigen Arbeitsplanung, geht über gesichertes Anlagenausschalten, Vermeiden von Sturz- und Brandrisiken bis hin zum Einsatz kompetenter Berufsleute. „Wir können nur die Empfehlungen abgeben“, meint Adam abschliessend, „dass unsere Kunden ihre Mitarbeitenden auf diese Regeln hin sensibilisieren und für die Umsetzung schulen. Was ich ganz wesentlich finde, ist, dass die Mitarbeitenden entsprechend kontrolliert werden. Ich glaube, nur mit den drei Fakten ʹinstruierenʹ, ʹsensibilisierenʹ und ʹkontrollierenʹ können wir das Verhalten von den Mitarbeitenden beeinflussen.“
15.11.2013 | Autor
Hans Joachim Behrend
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