Herbstprognose der Expertengruppe des Bundes

Positive Signale überwiegen - auch für den Export

Dank der ungebrochen lebhaften Binnenkonjunktur werde die Schweizer Wirtschaft bereits 2013 ein ansprechendes Wachstum von 1,8% erreichen. Davon geht die Expertengruppe des Bundes in ihrer aktuellen Konjunkturprognose aus. Auch wenn eine durchgreifende Erholung in der Exportindustrie noch auf sich warten liesse, sei auch in diesem Bereich Besserung in Sicht, weil die internationale Konjunktur, namentlich die sich anbahnende Erholung im Euroraum, für positive Impulse sorgen dürfte.

Auf Basis dieser Grundannahmen rechnet die Expertengruppe für 2014 mit einem breiter abgestützten und weiter verstärkten BIP-Wachstum von 2,3%. Im Zuge sich festigenden Konjunktur dürfte auch bei der Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr allmählich eine Trendwende nach unten einsetzen.

Lichtblicke im EU-Raum

Die Weltkonjunktur befinde sich, so der Bericht, in einer moderaten Erholung, die im nächsten Jahr weiter voranschreiten dürfte, selbst wenn die Dynamik uneinheitlich verlaufe: Während sich in den OECD-Ländern Konjunkturlage und Aussichten in den letzten Monaten mehrheitlich verbessert hätten, seien zahlreiche Schwellenländer spürbar aus dem Tritt geraten.

exogene Faktoren für Konjunkturentwicklung Schweiz Herbst 2013 Aufhellungstendenzen seien insbesondere im krisengeplagten Euroraum auszumachen. So sei die Schuldenkrise an den Finanzmärkten in den letzten Monaten weiter unter Kontrolle gebracht worden, und die konjunkturelle Talsohle sei  durchschritten. So sei das BIP-Wachstum im 2. Quartal 2013 erstmals nach sechs negativen Quartalen wieder positiv ausgefallen, und die über den Sommer weiter gestiegenen Stimmungsindikatoren deuteten auf eine Fortsetzung der Erholungstendenz hin. Und während in den Kernländern, vor allem in Deutschland, der Konjunkturmotor bereits wieder zügig Fahrt aufgenommen habe, zeichne sich in den südlichen Peripherieländern immerhin ein Ende der Rezession ab. Diese Erholung dürfte allerdings weiterhin durch die Austeritätspolitik und angeschlagene Banken gebremst werden und nur entsprechend langsam vorankommen. Insgesamt seien somit vom Euroraum verhalten positive Wachstumsimpulse zu erwarten (2013 -0,4%, 2014 +1,2%).

USA und Japan legen zu

In den USA kommt die wirtschaftliche Erholung, so der Expertenbericht, im laufenden Jahr trotz forcierter staatlicher Budgetkonsolidierung gut voran, und auch hier verbessere sich die Arbeitsmarktlage stetig. Da die von der Fiskalpolitik ausgehenden Bremseffekte auf die Konjunktur allmählich nachlassen werden, könnte sich das BIP-Wachstum von knapp 2% 2013 auf gegen 3% 2014 beschleunigen. In Japan hat sich die Konjunktur dank der sehr expansiven Geldpolitik und staatlicher Konjunkturprogramme stark belebt und die positive Tendenz dürfte vorerst anhalten.

Schwellenländer kämpfen gegen Kapitalabzug

Demgegenüber verliefe die Konjunktur in vielen Schwellenländern nach wie vor unter den Erwartungen; die nach der letztjährigen Abkühlung erhoffte Wachstumsbelebung sei bislang ausgeblieben. Zwar hätten sich die Befürchtungen über einen drohenden Abschwung in China wieder gelegt, weil dort die jüngsten Exportzahlen und sonstigen Konjunkturindikatoren positiv ausfielen und darauf hindeuteten, dass sich die Konjunktur wieder gefangen habe. Dagegen gerieten andere aufstrebende Länder in den letzten Monaten an den Finanzmärkten vermehrt unter Druck. Aufgekommene Erwartungen über eine baldige Reduktion des Anleihekaufprogramms (Quantitative Easing 3) der US-Notenbank führten zu einem abrupten Kapitalabfluss aus den Schwellenländern, der die Zinsen nach oben treibt und die Finanzierungskonditionen verschlechtert. Besonders verwundbar sind Länder mit schwachen makroökonomischen Kennzahlen (schlechte Konjunkturdaten und/oder hohe Ertragsbilanzdefizite), wie derzeit etwa Brasilien, Indien, Indonesien, Südafrika und die Türkei. Insgesamt dürfte sich die Schwellenländer-Konjunktur deshalb weiterhin eher verhalten entwickeln – wobei die Wachstumsraten immer noch klar über jenen der Industrieländer liegen – und nur langsam wieder in Schwung kommen.

Schweiz demonstriert Widerstandsfähigkeit 

In der Schweiz setzte sich das positive BIP-Wachstum im 2. Quartal 2013 (+0,5% gegenüber dem Vorquartal) weiter fort. Damit erweise sich die Schweizer Wirtschaft auch im laufenden Jahr in einem herausfordernden internationalen Konjunkturumfeld – wie bereits in den letzten Jahren – als erfreulich widerstandsfähig. Eine Schlüsselrolle spiele die anhaltend robuste Inlandkonjunktur, welche durch die stetige Zuwanderung, die tiefen Zinsen und die fehlende Inflation getragen werde.

Schon im bisherigen Jahresverlauf 2013 sei die unterschiedliche Dynamik zwischen lebhafter Inland- und relativ gedrückter Auslandnachfrage augenfällig. Insbesondere die privaten Konsumausgaben bildeten seit mehreren Quartalen eine starke Konjunkturstütze. Auch bei den Bauinvestitionen sei das Bild positiv, obwohl ihre Aufwärtsdynamik in den vergangenen Quartalen hier und da durch Kapazitätsengpässe und Witterungseffekte gebremst wurde. Auf der anderen Seite litten die Warenexporte bislang noch unter den verhaltenen Absatzmärkten – bis im Frühjahr anhaltende EU-Rezession, Abkühlung in den Schwellenländern – sowie der trotz erfolgreicher Euro-Untergrenze immer noch schwierigen preislichen Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exporteure. Damit fehle nach wie vor ein wesentliches Element für einen breit abgestützten Aufschwung. Die schwierige Lage in der Industrie mit unterdurchschnittlich ausgelasteten Kapazitäten dürfte auch ein wichtiger Erklärungsgrund für die noch kaum in Gang gekommene Erholung der Ausrüstungsinvestitionen sein.

Augehellter Himmel über der Industrie

Die Anzeichen für einen baldigen positiven Umschwung im Exportbereich mehrten sich jedoch. Bei den Tourismus-Exporten (Übernachtungen von Gästen aus dem Ausland) habe bereits eine Erholung eingesetzt. Doch auch in der Industrie habe sich die gedämpfte Stimmung über den Sommer hinweg aufgehellt, was der Anstieg des Einkaufsmanagerindexes sowie die (gemäss Swissmem-Umfrage) zuversichtlicheren Erwartungen in der Maschinen-, Metall- und Elektroindustrie belegten. Sofern sich die Weltkonjunktur, insbesondere der Euroraum, im erwarteten Masse weiter langsam erholt, sollte einer im zweiten Halbjahr einsetzenden und im nächsten Jahr an Schwung gewinnenden Exportbelebung in der Schweiz nichts im Wege stehen.

Insgesamt korrigiert die Expertengruppe ihre BIP-Wachstumsprognose für 2013 von bisher 1,4% auf neu 1,8% nach oben. Massgebend hierfür ist die stärkere Konjunkturdynamik im Inland. Für 2014 lassen die verbesserten Exportaussichten bei anhaltend solider Inlandnachfrage eine weitere Wachstumsverstärkung auf 2,3% erwarten (bisher 2,1%).

Trendumkehr bei Arbeitslosenrate erwartet

Die bislang vorherrschende Divergenz zwischen Binnen- und Exportwirtschaft zeigt sich auch am Arbeitsmarkt. Die Beschäftigung nahm im ersten Halbjahr 2013 weiterhin moderat zu, wobei Stellenzuwächsen im Dienstleistungssektor und in der Bauwirtschaft ein fortgesetzter Beschäftigungsrückgang in der Industrie gegenüberstand. Weil das Arbeitsmarktprognose Herbst 2013Beschäftigungswachstum nicht ausreichte, das steigende Arbeitsangebot zu absorbieren, nehme die Arbeitslosigkeit seit rund zwei Jahren kontinuierlich leicht zu. Aktuell gebe es jedoch erste Anzeichen, dass der Anstieg der (saisonbereinigten) Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten auslaufen könnte. Im kommenden Jahr dürfte dann die gefestigte Konjunktur die Arbeitslosenzahlen im Jahresverlauf allmählich absinken lassen. Im Jahresdurchschnitt rechnet die Expertengruppe mit Arbeitslosenquoten von jeweils 3,2% für 2013 und 2014, was leicht unter der bisherigen Prognose (jeweils 3,3%) liegt.

Viele "wenn" und "aber"

Im Jahresverlauf 2013 hat sich das internationale Umfeld für die Schweizer Konjunktur leicht verbessert. Für das erste Mal seit mehreren Jahren sind die Prognoserisiken nicht nur nach unten gerichtet. Günstigenfalls könnten sich im Euroraum die jüngsten positiven Überraschungen – schneller einsetzende Erholung – weiter fortsetzen und/oder die Schwellenländer ihre derzeitige Konjunkturdelle zügig überwinden. Eine stärkere Nachfrage aus wichtigen Schweizer Absatzmärkten würde der Exportwirtschaft zusätzlichen Rückenwind verleihen und könnte die konjunkturelle Belebung der Schweizer Wirtschaft weiter beschleunigen.

Herbstprognose 2013 BIP-VerwendungTrotz der gestiegenen Zuversicht dürften die nach wie vor erheblichen negativen weltwirtschaftlichen Risiken nicht aus dem Blick geraten, halten die Konunkturexperten fest. So könne die Schuldenkrise im Euroraum noch nicht als überwunden angesehen werden, und Rückschläge bei den Wirtschaftsreformen seien möglich. Ein weiteres Risiko bestünde darin, dass die für die kommenden Jahre anstehende Normalisierung der extrem expansiven Geldpolitik nicht reibungslos vonstattengehe, sondern es – wie bereits in den letzten Monaten gesehen – zu einer höheren Volatilität an den internationalen Finanzmärkten (z.B. starker Zinsanstieg, abrupte Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern) käme, welche die Erholung der Weltkonjunktur empfindlich stören könnten.

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18.09.2013 | Autor Jörg Naumann

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