Die Schweizer und die europäische Bankenindustrie:

Unterschiedliche Erwartungen

Infolge der Schuldenkrise in der Eurozone rechnen die deutschen Banken mit stärkeren Belastungen. Fast jedes dritte Institut geht davon aus, dass die Auswirkungen der Krise auf den Bankensektor noch zunehmen werden – nur 16 Prozent der Banken hoffen, dass sich die Auswirkungen abschwächen werden. Europaweit rechnen sogar 35 Prozent der befragten Finanzinstitute mit stärkeren Belastungen, vor allem spanische, italienische und französische zeigen sich pessimistisch. Gerade mal 20 Prozent gehen davon aus, dass sich die Lage bessert. Ganz anders wird die Lage in der Schweiz beurteilt. Die Schweizer Banker blicken weiterhin zuversichtlich in die Zukunft, sie vertrauen letztlich auf ihre Stärken, auch wenn das Private Banking dem grössten Wettbewerbsdruck ausgesetzt sein wird, die regulatorischen Anforderungen steigen und eine Konsolidierung wahrscheinlicher wird.

Das sind die deutlich unterschiedlichen Ergebnisse des aktuellen „Bankenbarometers“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Für die Studie wurden 269 Banken in mehreren europäischen Ländern befragt, darunter Institute aus Frankreich, Großbritannien, Italien, Skandinavien und der Schweiz. In Deutschland nahmen 50, in der Schweiz allein 120 Banken an der Umfrage teil.

Schweizer Banken vorsichtig positiv

Die aktuelle Geschäftsentwicklung wird von 20 (im Vorjahr 15) Prozent der in der Schweiz befragten Institute (ohne die beiden Grossbanken) als positiv beurteilt. 58 (62) Prozent bewerten den Geschäftsgang als eher positiv, nur 22 (23) Prozent machen einen bedeutenden Rückgang des operativen Ergebnisses aus. Auch die Zukunftsaussichten erachten die befragten Banken weiterhin als gut: Wie im Vorjahr gehen hohe 70 Prozent von einer positiven oder eher positiven Geschäftsentwicklung für 2013 aus. Zwar rechnet die Mehrheit mit rückläufigen Vergütungen für Mitarbeitende und Aktionäre, umfangreiche Stellenabbaumassnahmen werden in den nächsten Monaten aber nicht erwartet. Auf den ersten Blick überrascht die unveränderte positive Einschätzung. Das Resultat der Befragung zeigt die nach wie vor hohe Bedeutung und relative Stärke des Schweizer Finanzplatzes. Die Schweizer Banken haben bisher die Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Schuldenkrise relativ gut überstanden, drei Viertel der Institute sind sogar der Ansicht, dass sie durch die Finanzkrise gestärkt wurden. «Tatsächlich werden gerade in unsicheren Zeiten die sicherheitsrelevanten Merkmale der Schweiz und des Schweizerischen Finanzsystems stark nachgefragt», fasst Patrick Schwaller, Partner und Leiter Bankenbarometer Schweiz bei Ernst & Young, die Umfrageergebnisse zusammen.

Die wichtigsten Themen für Banken 2013
Die Befragung ergibt folgende Top-Themen für Schweizer Banken 2013: Compliance, Eigenmittel und Steuertransparenz. Quelle: Ernst & Young Bankenbarometer 2013
   

 

Unterstützung für die Politik der Schweizerischen Nationalbank

Die grundsätzlich positive Beurteilung der Zukunftsaussichten hängt auch mit der im Vergleich zum Vorjahr etwas optimistischeren Einschätzung der Entwicklung an den Finanzmärkten zusammen. Die Mehrheit der befragten Banken geht von unveränderten oder eher positiven Entwicklungen an den weltweiten Finanzmärkten aus; nur 25 (58) Prozent der befragten Banken rechnen damit, dass sich die Lage an den Finanzmärkten verschlechtern wird. Die Politik der Schweizerischen Nationalbank geniesst innerhalb der Bankbranche weiterhin eine sehr hohe Akzeptanz: 87 (89) Prozent der befragten Institute beurteilen die Einführung und Verteidigung der Euromindestgrenze als positiv beziehungsweise eher positiv. «Die verschiedenen beschlossenen, initiierten und teilweise bereits umgesetzten Stabilitätsmechanismen der Notenbanken und der Staaten zeigen ihre Wirkung und sorgen für etwas Entspannung an den Finanzmärkten», sagt Patrick Schwaller.

Private Banking unter Druck

Das Private Banking weist derzeit den stärksten Wettbewerbsdruck auf. 60 (35) Prozent der befragten Banken identifizieren das Private Banking als das Geschäftssegment mit den grössten Herausforderungen und der grössten Wettbewerbsintensität. Nur noch 10 (40) Prozent sehen im Retail Banking einen besonders starken Wettbewerbsdruck. Nochmals gestiegen sind die Erwartungen, dass es im Bankensektor zu einer Konsolidierung kommen wird: 92 (88) Prozent rechnen bis in spätestens vier Jahren mit Zusammenschlüssen oder Übernahmen. Im Private Banking wird bereits früher eine Konsolidierung erwartet. «Das Private Banking befindet sich in einer Phase der fundamentalen Neupositionierung und kämpft gleichzeitig mit sinkenden Erträgen und steigenden Kosten. Aus diesem Grund hat der Wettbewerbsdruck nochmals an Intensität gewonnen», sagt Iqbal Khan, Partner und Leiter Banking & Capital Markets von Ernst & Young Schweiz.

Retail-Banking gewinnt an Bedeutung

Die deutschen Institute setzen auf das Retail-Geschäft. Mehr als 60 Prozent sehen dort in den kommenden Monaten gute bis sehr gute Chancen. Auch für das Einlagengeschäft, das Firmenkundengeschäft und das gehobene Privatkundengeschäft sind die Aussichten in Deutschland nach Ansicht der Befragten eher gut. Die Perspektiven für die Transaktionsberatung, Emissionen von Aktien oder Anleihen sowie Wertpapierdienstleistungen bewerten die Institute dagegen schlecht. „Die Banken brauchen trotz Zwangsschrumpfung dringend neues Geschäft“, sagt Dirk Müller-Tronnier, Leiter Banking & Capital Markets bei Ernst & Young. „Die Herausforderung besteht darin, tragbares, stabiles, seriöses Kreditgeschäft zu generieren. Das werden nicht alle Institute schaffen.“ Eine Kreditklemme sei derzeit nicht zu befürchten: Obwohl mehr als die Hälfte der deutschen Banken ihre Bilanzen verkleinern will, planen 38 Prozent, ihre Kreditvergabe auszubauen. Lediglich 14 Prozent der Geldhäuser wollen in den kommenden Monaten weniger Kredite vergeben.

 

Infolge der Schuldenkrise in der Eurozone rechnen die deutschen Banken mit stärkeren Belastungen. Fast jedes dritte Institut geht davon aus, dass die Auswirkungen der Krise auf den Bankensektor noch zunehmen werden – nur 16 Prozent der Banken hoffen, dass sich die Auswirkungen abschwächen werden. Europaweit rechnen sogar 35 Prozent der befragten Finanzinstitute mit stärkeren Belastungen, vor allem spanische, italienische und französische  zeigen sich pessimistisch. Gerade mal 20 Prozent gehen davon aus, dass sich die Lage bessert. Ganz anders wird die Lage in der Schweiz beurteilt. Die Schweizer Banker blicken weiterhin zuversichtlich in die Zukunft, sie vertrauen letztlich auf ihre Stärken, auch wenn das Private Banking dem grössten Wettbewerbsdruck ausgesetzt sein wird, die regulatorischen Anforderungen steigen und eine Konsolidierung wahrscheinlicher wird.

Das sind die deutlich unterschiedlichen Ergebnisse des aktuellen „Bankenbarometers“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Für die Studie wurden 269 Banken in mehreren europäischen Ländern befragt, darunter Institute aus Frankreich, Großbritannien, Italien, Skandinavien und der Schweiz. In Deutschland nahmen 50, in der Schweiz allein 120 Banken an der Umfrage teil.

Die aktuelle Geschäftsentwicklung wird von 20 (im Vorjahr 15) Prozent der in der Schweiz befragten Institute (ohne die beiden Grossbanken) als positiv beurteilt. 58 (62) Prozent bewerten den Geschäftsgang als eher positiv, nur 22 (23) Prozent machen einen bedeutenden Rückgang des operativen Ergebnisses aus. Auch die Zukunftsaussichten erachten die befragten Banken weiterhin als gut: Wie im Vorjahr gehen hohe 70 Prozent von einer positiven oder eher positiven Geschäftsentwicklung für 2013 aus. Zwar rechnet die Mehrheit mit rückläufigen Vergütungen für Mitarbeitende und Aktionäre, umfangreiche Stellenabbaumassnahmen werden in den nächsten Monaten aber nicht erwartet. Auf den ersten Blick überrascht die unveränderte positive Einschätzung. Das Resultat der Befragung zeigt die nach wie vor hohe Bedeutung und relative Stärke des Schweizer Finanzplatzes. Die Schweizer Banken haben bisher die Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Schuldenkrise relativ gut überstanden, drei Viertel der Institute sind sogar der Ansicht, dass sie durch die Finanzkrise gestärkt wurden. «Tatsächlich werden gerade in unsicheren Zeiten die sicherheitsrelevanten Merkmale der Schweiz und des Schweizerischen Finanzsystems stark nachgefragt», fasst Patrick Schwaller, Partner und Leiter Bankenbarometer Schweiz bei Ernst & Young, die Umfrageergebnisse zusammen.

Unterstützung für die Politik der Schweizerischen Nationalbank
Die grundsätzlich positive Beurteilung der Zukunftsaussichten hängt auch mit der im Vergleich zum Vorjahr etwas optimistischeren Einschätzung der Entwicklung an den Finanzmärkten zusammen. Die Mehrheit der befragten Banken geht von unveränderten oder eher positiven Entwicklungen an den weltweiten Finanzmärkten aus; nur 25 (58) Prozent der befragten Banken rechnen damit, dass sich die Lage an den Finanzmärkten verschlechtern wird. Die Politik der Schweizerischen Nationalbank geniesst innerhalb der Bankbranche weiterhin eine sehr hohe Akzeptanz: 87 (89) Prozent der befragten Institute beurteilen die Einführung und Verteidigung der Euromindestgrenze als positiv beziehungsweise eher positiv. «Die verschiedenen beschlossenen, initiierten und teilweise bereits umgesetzten Stabilitätsmechanismen der Notenbanken und der Staaten zeigen ihre Wirkung und sorgen für etwas Entspannung an den Finanzmärkten», sagt Patrick Schwaller.

Private Banking unter Druck
Das Private Banking weist derzeit den stärksten Wettbewerbsdruck auf. 60 (35) Prozent der befragten Banken identifizieren das Private Banking als das Geschäftssegment mit den grössten Herausforderungen und der grössten Wettbewerbsintensität. Nur noch 10 (40) Prozent sehen im Retail Banking einen besonders starken Wettbewerbsdruck. Nochmals gestiegen sind die Erwartungen, dass es im Bankensektor zu einer Konsolidierung kommen wird: 92 (88) Prozent rechnen bis in spätestens vier Jahren mit Zusammenschlüssen oder Übernahmen. Im Private Banking wird bereits früher eine Konsolidierung erwartet. «Das Private Banking befindet sich in einer Phase der fundamentalen Neupositionierung und kämpft gleichzeitig mit sinkenden Erträgen und steigenden Kosten. Aus diesem Grund hat der Wettbewerbsdruck nochmals an Intensität gewonnen», sagt Iqbal Khan, Partner und Leiter Banking & Capital Markets von Ernst & Young Schweiz.

Retail-Banking gewinnt an Bedeutung
Die deutschen Institute setzen auf das Retail-Geschäft. Mehr als 60 Prozent sehen dort in den kommenden Monaten gute bis sehr gute Chancen. Auch für das Einlagengeschäft, das Firmenkundengeschäft und das gehobene Privatkundengeschäft sind die Aussichten in Deutschland nach Ansicht der Befragten eher gut. Die Perspektiven für die Transaktionsberatung, Emissionen von Aktien oder Anleihen sowie Wertpapierdienstleistungen bewerten die Institute dagegen schlecht. „Die Banken brauchen trotz Zwangsschrumpfung dringend neues Geschäft“, sagt Dirk Müller-Tronnier, Leiter Banking & Capital Markets bei Ernst & Young. „Die Herausforderung besteht darin, tragbares, stabiles, seriöses Kreditgeschäft zu generieren. Das werden nicht alle Institute schaffen.“ Eine Kreditklemme sei derzeit nicht zu befürchten: Obwohl mehr als die Hälfte der deutschen Banken ihre Bilanzen verkleinern will, planen 38 Prozent, ihre Kreditvergabe auszubauen. Lediglich 14 Prozent der Geldhäuser wollen in den kommenden Monaten weniger Kredite vergeben.

Bankenbarometer Schweiz

Bankenbarometer Deutschland/Europa 2013

21.01.2013 | Autor Jörg Naumann

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